Die Harting-Technologiegruppe hat den Erlass des Bilanzmodernisierungsgesetzes zum Anlass genommen, ein neues Finanzmodul für ihre Unternehmenssoftware einzuführen. Im neuen System sollten sich die Besonderheiten der internationalen Niederlassungen besser abbilden und gleichzeitig Geschäftsbereiche wie die Galvanik durch eine exakte Kosten-Gewinn-Rechnung unterstützen lassen. Dabei galt es, aufwändig angepasste Reporting-Funktionen ins neue System zu migrieren. Nach der Umstellung können selbst kleinste Unternehmenseinheiten eigenständig Bilanz ziehen.
Bild: Harting
Mehr als ein Jahr hatte das Unternehmen Harting, Produzent von Steckern und Verbindungstechnik, die Integration einer neuen Unternehmenssoftware vorbereitet. „Das Risiko, dass Buchungen nachgearbeitet werden müssen, war so klein wie möglich zu halten”, sagt Jürgen Olesch, verantwortlicher SAP Inhouse Consultant von Harting. Dabei galt es die Einbindung der Niederlassungen in 30 Ländern in dem zuvor aufgebauten komplexen Bilanzierungs- und Reportingsystem mit 50 Buchungskreisen zu erhalten. Die Anforderungen an die Einführung des neuen Hauptbuches, bzw. die neue Reportinglösung, die sowohl das externe als auch das interne Berichtswesen weiter verbessern sollte, waren deshalb sehr hoch.
Eine weitere Anforderung war die Darstellung einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GUV) für jede Unternehmenssparte, was mit der alten Version des Hauptbuches noch nicht möglich gewesen ist. Der Wunsch des Galvanik-Bereiches – die Einheit liefert intern verschiedenen Produktionslinien zu – nach einer exakten Kosten- Gewinn-Rechnung war z.B. nicht erfüllbar. „Bis dato konnten wir nur Pi mal Daumen Zahlen kumulieren und Zirka-Werte für bestimmte Bereiche angeben. Auf einen Geschäftsbereich hin zu bilanzieren, funktionierte nicht”, sagt Olesch. Das Anliegen des Galvanik-Bereiches deckte sich mit den Vorstellungen der Unternehmenslenker: Sie wollten den Betrieb zukünftig über alle Geschäftseinheiten und Ländergesellschaften hinweg besser steuern können − was eine bessere Zahlengrundlage und deren Bewertung voraussetzt. Die Profitcenter-Rechnung, die seit Jahren eine wesentliche Basis des Controllings und Managements bei Harting bildete, sollte ausgebaut werden.
Landesgesellschaften in 30 Ländern bedeuten eine Vielzahl von Besonderheiten der Rechnungslegung – selbst wenn alle auf Basis von SAP-Software arbeiten. Ein Beispiel ist das Geschäftsjahr, das sich in Brasilien oder Russland, anders als in Deutschland, mit dem Kalenderjahr deckt. Das Geschäftsjahr der Muttergesellschaft, die nach deutschem Handelsrecht bilanziert und weltweit das Gruppenrecht anwendet, beginnt allerdings am 1. Oktober. Auch das war ein Grund, mit der Unternehmenssoftware eine Harmonisierung zwischen Gruppenrecht und lokalem Recht anzustreben. Ein weiterer Anstoß für das Projekt kam von außen: Das deutsche Bilanzmodernisierungsgesetz schreibt vor, zukünftig die Steuerbilanz von der Handelsbilanz zu trennen, also war zwangsweise eine parallele Rechnungslegung abzubilden. Für die Umsetzung des Projektes fiel die Wahl auf den IT-Dienstleister Lynx aus Bielefeld. Ein Entscheidungsgrund war die räumliche Nähe des Unternehmens, aber auch das All-in-One-Angebot – ohne extra Neben- und Reisekosten.
Datenquellen in neues System überführen
Nach Projektbeginn zeigte sich schnell ein Kernpunkt der Implementierung: Die Komplexität des Finanzwesens des Familienbetriebes, das bereits durchgängige Reportingprozesse in vielen Verzweigungen verankert hat, schloss von vorneherein die Nutzung der Standardmigrationsverfahren des Softwareanbieters aus. „Bei Harting ging es um eine kundenindividuelle Lösung hinsichtlich der Bereitstellung einer geeigneten Datenquelle für die Migration und im Grunde genommen um eine Vielzahl von Migrationspaketen” sagt Volker Jaster, Projektleiter von Lynx. Auf die technische Aufgabenstellung heruntergebrochen wurde das Ziel formuliert, Datenqualität und Datenbestand vollständig zu erhalten. Durch diese Bedingung musste aus drei ERP-Modulen des Rechnungswesensystems eine einzige Datenquelle für die Migration in der neuen Anwendung geschaffen werden. Dafür musste der Dienstleister eine neue, kompatible Datenstruktur konzipieren und entwickeln. Anschließend musste die zentrale Datenquelle mit validen Daten aus den SAP-Modulen gefüllt werden. Eine Arbeit, die den internen Ressourcenverbrauch gegenüber der Planung stark in die Höhe trieb. „Die Kärrnerarbeit hat sich aber mehr als gelohnt”, sagt Olesch. Denn so konnte mit der Bereinigung der Stammund Bewegungsdaten eine für später geplante Aufgabe direkt miterledigt werden.
Parallel zu den drei vordefinierten Büchern, wurde auch ein Ledger für die internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS (International Financial Reporting Standards) angelegt. „Die parallele Befüllung erforderte während der Migration zwar erhöhte Systemressourcen, war aber weniger aufwändig als ein Einrichten im Nachhinein”, erläutert Olesch. Die Möglichkeit des neuen Hauptbuches, verschiedene parallele ‘Ledger’ zu nutzen, gestattet es, zusätzlich zu den gesetzlich geforderten Büchern – Steuerbilanz und Handelsbilanz – in einem dritten Bilanzbuch die lokalen Bilanzen der jeweiligen Länder abzubilden. Damit war auch das Problem der unterschiedlichen Geschäftsjahre gelöst.
Im Vorfeld hatte das Projektteam eine Planung aufgesetzt, zu der etwa Definition und Einrichtung von Ledgern und Wertfortschreibung, Echtzeitintegration der Module für Controlling und Finanzen (Co-Fi), Kontenfindung, Migrations-Customizing und Integrationstests gehörten. Eine zentrale Aufgabenstellung war dabei die Belegaufteilung: Die genaue Rechnungslegung auf die kleinste Betriebseinheit war nur mit einem Regelwerk für das Belegsplitting zu machen. „Um Sparten finanztechnisch abzubilden, ist eine Aufteilung der Belege erforderlich, mit der ein durchgehender Prozess − etwa von der Entstehung einer finanziellen Forderung bis zu ihrer Bezahlung − durchgehend abgebildet werden kann. Als an Ostern 2012 das neue System in Betrieb genommen werden konnte, ließen sich 95 Prozent der Anforderungen realisieren, ohne zusätzliche Downtimes zu verursachen“, sagt Olesch.
Viele Fehler konnten bereits während der Integrationstests aufgespürt werden, die das Team vorab auf einem Sandbox-System durchführte. Dass dennoch Nacharbeiten erforderlich waren, lag daran, dass sich nicht alle Szenarien testen ließen und einige Aufgaben – etwa die Co-Fi-Integration – anfangs nicht wie geplant verliefen. Dennoch wurde das Ziel realisiert, dass auch der Galvanik-Bereich eine Saldo-Null-Bilanz ziehen kann. Außerdem ließen sich viele Insellösungen deaktivieren, die zuvor für internationale Niederlassungen geschaffen worden waren. Durch den lokalen Ledger lässt sich das Rechnungswesen nun an Länderrecht anpassen. Weiterhin lassen sich die Zahlen der verschiedenen Niederlassungen innerhalb des Systems wesentlich besser vergleichen. „Unser Projekt forderte alle − nicht nur wir lernten von den Lynx-Beratern, die die Migration und technische Umsetzung mit sehr viel Engagement bewältigten, sondern auch umgekehrt gab das Projekt unseren Partnern wertvolle Anstöße”, sagt Olesch.
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