Diese Struktur kann als typisches Beispiel einer komplexen PLM-Funktionserweiterung durch Customizing verstanden werden. Bild: Aras

Beispiel einer Anpassung zur Umsetzung von MBSE

Die Verwaltung von funktionalen und verhaltensorientierten Beschreibungsmodellen in der Modellierungssprache ‚Systems Modeling Language‘ (SYSML) kann während der frühen Planungsphasen sowie später entlang des Produktlebenszyklus das Medium sein, um Änderungen an Anforderungen, Funktionen und Verhalten, logischen sowie physikalischen Elementen rückverfolgen zu können. Ein Beispiel ist die Möglichkeit, durch die funktionale Beschreibung eine Zuordnung zu schaffen, welche Anforderungen eine Änderung in der Produktstruktur beeinträchtigt und umgekehrt. Das bedeutet aber auch, dass die sogenannten ‚affected items‘ des Änderungsprozesses zunehmen werden und dass davon bereits die frühe Entwurfsphase betroffen ist. Die funktionale Produktbeschreibung beschreibt das System aus einer funktionsorientierten Perspektive. Dazu gehören die Anforderungen, die funktionalen und logischen Elemente des Systems sowie bei logikgetriebenen Lösungen auch das Verhalten des geplanten Produktes oder Systems. SYSML eignet sich für die Modellierung dieser Aspekte, da es eine standardisierte Modellierungssprache ist und viele grafische Werkzeuge zur Unterstützung existieren.

Die aus den USA stammenden MBSE-Konzepte betonen sehr stark den Systemmodellierungsansatz. Die Administration der entstehenden Informationen wird jedoch nicht betrachtet. Hierfür bieten sich grundsätzlich PLM-Systeme für eine Integration an, in denen zentrale Produktinformationen aus dem gesamten Entwicklungsprozess von allen am Prozess beteiligten Personen zusammen getragen und administriert werden. Deswegen geht der hier vorgestellte Lösungsansatz von zwei Lösungsebenen aus. Einerseits ist dies die Systemmodellierungsebene, die geprägt ist durch typische Autoren- und Simulationssysteme der interdisziplinären Produktentwicklung, zum Beispiel SYSML, Modelica, Simulink, Matlab, VHDL, Verilog und disziplinspezifische CA-Systeme für Mechanik-, Elektronik- und Softwareentwicklung. Andererseits müssen die Vielzahl der bei MBSE erzeugten Objektklassen verwaltet und in die Engineering-Prozesse integriert werden. Die Datenmodelle in den PLM-Systemen müssen dabei um die systemtechnischen Elemente erweitert werden. Am Lehrstuhl VPE wurde hierfür mit den Systemen Magic Draw, ein SYSML-Autorensysstem mit eigener TDM-Lösung, und ARAS Innovator als PLM-Backbone ein Prototyp entwickelt. An der der PLM-Lösung wurden dafür eine Reihe von Erweiterungen vorgenommen:

  • Neue Objektklassen: Requirement (R), Function (F) und Logic (L) inklusive ihrer Strukturen, Relationen, Attribute und Bedienoberflächen
  • Übernahme der existierenden Methoden, zum Beispiel Einfügen, Ändern, Löschen
  • Einbindung in die Freigabe- und Änderungsprozesse
  • Integration zum Autorensystem Magic Draw

Durch die Verknüpfung mit den im ursprünglichen Leistungsumfang der PLM-Lösung enthaltenen konstruktiven Stammdaten und Stücklisten lässt sich eine Integration von Anforderungen, Funktionen, logischen Blöcken und der Entwicklungsstückliste, dem E-BOM, erreichen. Diese Integration ist mit relativ niedrigen Arbeitsaufwand möglich, der durch die SOA-Architektur, die Offenheit der Schnittstellen und dem Repository-basierenden Ansatz beider Systeme bedingt wurde.