Mit der Technologievielfalt im Markt für die Fabrikvernetzung ist es nicht so einfach, Shopfloor-Daten effizient zur Weiterverarbeitung an das ERP-System zu übertragen. Eine Methode basiert auf einem Cloud-basierten Datenverteilzentrum, das dem guten alten Briefversand ähnelt.
(Bild: Asseco Solutions AG)
Qualität hat ihren Preis – doch dieser variiert im Zuge einer sich wandelnden, aber fortdauernden Globalisierung mitunter deutlich. Der Preisdruck insbesondere aus asiatischen Ländern erschwert es deutschen Unternehmen, sich zu behaupten. Hinzu kommen kleinteilige und komplexe Wertschöpfungsketten, die sich häufig über nationale Grenzen erstrecken. Dies stellt hohe Anforderungen bezüglich der Koordination einer Vielzahl von teilweise hochspezialisierten Einheiten entlang der gesamten Wertschöpfungs- und Lieferkette. Verstärkt werden die Herausforderungen noch durch die zunehmende Nachfrage nach individualisierbaren Produkten: Unternehmen sollen Produkte in Kleinserien bis hin zu Einzelstücken quasi ebenso effizient wie Massenware fertigen können. Um in diesem Wirtschaftsumfeld bestehen zu können, sind in der Praxis umfassende Produkt- und Prozessinnovationen erforderlich, um Flexibilität zu fördern und Effizienz zu steigern.
Kraut und Rüben in der smarten Fabrik
Ein zentraler Schlüssel dafür ist die Transformation zur smarten Fabrik, inklusive der Vernetzung ihrer Komponenten: von Maschinen über Werkstücke bis hin zum Software-Rückgrat der Unternehmensprozesse. Das Ziel einer Industrie 4.0 besteht etwa darin, mit Sensoren ausgestattete Ladungsträger wie Kisten oder Paletten auf Basis der dezentral übertragenen Daten autonom durch die Fertigung zu schleusen. So lässt sich zu jeder Zeit überwachen, wo, wie viel und in welchem Produktionsschritt sich Material und Werkstücke befinden, und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um ein Stocken der Fertigungs- und Lieferketten zu verhindern. Voraussetzung für ein solches Szenario besteht in einer einheitlichen Sprache in den Systemen, in der sich die Komponenten austauschen und gegenseitig verstehen. Gerade hier stellt jedoch die noch immer unzureichende Technologiestandardisierung einen zentralen Hemmschuh dar: Die Vielfalt der Systeme in einer smarten Fabrik führt zum Einsatz unterschiedlicher Protokolle und Nachrichtensemantiken, in denen Daten bereitgestellt werden. Die Bandbreite reicht von intelligenten Endgeräten, die bereits ab Werk Cyber-physische Systeme (CPS) sind, bis hin zur Maschine, die über keine intelligente Sensorik verfügt und individuell per Retrofit ins Netz eingebunden werden muss. Viele Maschinenhersteller setzen auf eigene Übertragungstechniken und Protokolle.
IoT-Anbindung ist Fleißarbeit
Zur Sisyphusarbeit kann die Anbindung der Datenquellen an das zentrale ERP-System werden, wenn die Konnektivität ohne Umwege hergestellt werden soll. Das ERP-System als übergreifende Datendrehscheibe im Unternehmen hält Auftrags-, Produkt- und Materialdaten vor, die vernetzte Maschinen und Werksträger auf ihrem Weg durch die Fertigungsstraße benötigen. Die Ergebnisse des Fertigungsprozesses gilt es im Anschluss in den weiteren Geschäftsprozess einzubinden. Doch für jede erforderliche IoT-Komponente eine individuelle Anbindung an das ERP-System zu entwickeln, ist aus Effizienz- und wirtschaftlichen Gesichtspunkten schnell sinnlos.
Schnittstellen in der Cloud
Um dieses zu Problem lösen, könnten Unternehmen ein Cloud-basiertes Datenverteilzentrum einrichten, das ERP-System und andere Software sowie beliebige IoT-Geräte weitgehend unabhängig von ihrer Technologie zusammenbringt. Wie in einem Postverteilzentrum werden darin etwa Sensordaten empfangen und im jeweils erforderlichen Format an den Empfänger weitergeleitet – an Unternehmenssysteme, Komponenten oder weitere Cloud-Services.
Dabei kommunizieren in einem entsprechenden Szenario die beteiligten Komponenten nicht auf direktem Wege untereinander, sondern bidirektional mit einer Cloud-Plattform als Zwischeninstanz. Um die Daten korrekt zu übertragen, erhält jede mit der Plattform verbundene Komponente eine Identifikationsnummer, über die sie sich in der Cloud-Plattform für die Datenübertragung authentifiziert und an sie adressierte Informationen empfangen kann. Wie beim Briefversand werden die Daten dann mit dieser Sender- und Empfängernummer versehen und verschlüsselt in die Cloud gesendet. Die Plattform leitet die Nachrichten anschließend an den Adressaten weiter. Eine direkte Kommunikation – und damit Anbindung – zwischen IoT-Gerät, Drittkomponenten und ERP-System ist nicht mehr erforderlich. Zur Sicherheit kann die ERP-Anwendung hinter einer Firewall betrieben werden und sich die an sie adressierten Daten unidirektional nach dem Pull-Prinzip abholen.
Günstiger Einstieg möglich
Durch diesen Ansatz wird es möglich, die Kosten in der Anlaufphase einer Integration niedrig zu halten, da der grundlegende technische Datenaustausch mit geringem Aufwand realisiert werden kann. Um im Bild zu bleiben: Das Öffnen, Lesen und Weiterverarbeiten des Briefes im zugestellten Umschlag findet beim jeweiligen Empfänger statt. ERP-Systeme können für das Lesen des Briefes und das darauffolgende Starten von Prozessen beispielsweise Anwendungen auf Low-Code-Basis bereitstellen, durch die kein Programmieraufwand seitens des Anwenders erforderlich wird. Ein Beispiel hierfür wären etwa im ERP-System integrierte Schnittstellen-Frameworks zur Interpretation des Nachrichteninhalts oder Werkzeuge zur Prozessbeschreibung, mit denen sich der darauffolgende Verarbeitungs-Flow konfigurieren und bei Eintreffen der Nachricht automatisieren lässt.
Materialverbrauch abrechnen via Cloud
Verdeutlichen lässt sich das Prinzip an einem Anwendungsbeispiel: Eine vernetzte Maschine soll zum Zwecke der Rechnungsstellung an den Endkunden verbrauchte Materialmengen an das ERP-System zurückmelden. Da die Anlage bereits mit vernetzter Technik ausgestattet war, bevor die ERP-Software implementiert wurde, sind beide Systeme nicht nativ in der Lage, miteinander zu kommunizieren. Durch die Zwischenschaltung des Datenverteilzentrums in der Cloud wird der Austausch dennoch möglich: Sobald der Fertigungsprozess abgeschlossen ist, sendet die Maschine die erforderlichen Daten an die Cloud-Plattform, versehen mit ihrer eigenen Identifikationsnummer sowie der des ERP-Systems, woraufhin letzteres die Daten aus der Cloud zugestellt bekommt. Im Anschluss soll per Cloud-Service eines Drittanbieters noch eine elektronische Rechnung erzeugt werden. Auch dieser Cloud-Service ist an das digitale Postverteilzentrum angeschlossen. Das ERP-System sendet daher die Rechnungsdaten in die Cloud zurück und gibt als Empfängeradresse die Identifikationsnummer des Cloud-Services an. Sobald dieser wiederum die Daten verarbeitet hat, gehen die E-Invoice-Dokumente auf dem umgekehrten Weg über das Datenverteilzentrum an das ERP-System zurück und die fertige elektronische Rechnung kann an den Kunden gegeben werden.
Gesparte Kapazitäten investieren
Durch den Einsatz einer Datenverteilplattform in der Cloud entfällt für Unternehmen in vielen Fällen die Notwendigkeit, Maschinen und Sensoren an das ERP-System anzubinden. Gerade eigenentwickelte oder individuell angepasste Unternehmensanwendungen können so oft besondern einfach in Industrie 4.0-bezogene Szenarien eingebunden werden. Wie genau dabei die Datenweiterleitung innerhalb der Cloud-Plattform technisch realisiert wird, spielt für das Anwenderunternehmen keine Rolle – für die Kommunikation der einzelnen IoT-Systeme untereinander ist der Anbiter der Cloud-Plattform zuständig. Die so eingesparten Kapazitäten im eigenen Team können Unternehmen wiederum in die Planung des Szenarios investieren: von der Entwicklung des Use Case über die Erfassung der relevanten Daten bis hin zum Aufbau eines Datenfundus, der sich bei Bedarf auch für komplexe Machine-Learning- oder KI-Analysen eignet. Mögliche Ziele wären dabei, das eigene Geschäftsmodell für die Anforderungen der heutigen Zeit zu optimieren und das Wirtschaftlichkeitsniveau zu erreichen, das mit der starken internationalen Konkurrenz mithalten kann.
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