In der Maschinenfabrik Reinhausen kommt eine selbstentwickelte MES-Lösung zum Einsatz, die als Datendrehscheibe der vertikalen und horizontalen Vernetzung dient. Auf diese Weise ließ sich die papierlose CNC-Fertigung ebenso umsetzen wie Kommunikationsprozesse zentralisieren. Denn das Industrie 4.0-Paradigma der dezentralen Intelligenz wird wenigstens auf lange Sicht kaum ohne synchronisierende Daten-Hubs auskommen. Den großen Zusammenhang zwischen den Hubs könnten künftig Meta-Assistenzsysteme herstellen.
Bild: Maschinenfabrik Reinhausen GmbH
Die Fertigungsprozesse entscheiden darüber, ob Produzenten Wettbewerb bestehen können. Der Informations- und Kommunikationstechnologie kommt dabei gerade auf dem Weg zur Industrie 4.0 besondere Bedeutung zu. Um betriebliche Abläufe zu unterstützen und zu verbessern, wird oft eine integrierte Informationsverarbeitung zwischen prozessual zusammenhängenden betrieblichen Einheiten wie Menschen, Organisationseinheiten, EDV-Systemen, Produktionsanlagen angestrebt. Das ist auch bei der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH (MR) der Fall.
Als unabhängiges Familienunternehmen in der fünften Generation erwirtschaftet das Unternehmen mit weltweit 31 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften und 3.000 Mitarbeitern einen Umsatz von über 650 Millionen Euro. Seit Jahrzehnten zählt eine große Fertigungstiefe in Deutschland zu den bedeutenden Wettbewerbsvorteilen. Dabei stellt das Unternehmen schon seit mehr als 25 Jahren die Intelligenz im Fertigungsfluss in den Fokus der Unternehmensstrategie.
Papierlose Fertigung
In diesem Rahmen hat der Fertiger ein Manufacturing Execution-System entwickelt, das als webbasiertes, papierloses Assistenzsystems verstanden werden kann. Die Software ist im Unternehmen im Einsatz und soll entlang der Arbeitsstationen den Auftragsprozess begleiten und für einen durchgehenden Informationsfluss sorgen. Durch die elektronische Weitergabe und Anreicherung auftragsrelevanter Daten zwischen den Arbeitsstationen werden Medienbrüche vermieden, Durchlaufzeiten verkürzt, Werkzeugbestände verringert und Prozesssicherheit geschaffen.
Keimzelle CAM-Abteilung
Keimzelle dieser Innovation war die CAM-Abteilung der Firma. Ursprünglich wurde zu jedem NC-Programm eine ‚Werkermappe‘ in Papierform mit folgendem Inhalt erzeugt und gedruckt:
Das letzte NC-Programm in Papierform gab das Unternehmen am 19. Juni 2002 aus. Bild: Maschinenfabrik Reinhausen GmbH
Die daraus resultierende Zettelwirtschaft war die Quelle vieler Störungen und Probleme. Durch die beständigen Einbindungen aller Fertigungsmitarbeiter wurde diese Papierwerkermappe Schritt für Schritt und Maschine für Maschine digitalisiert. Nach vielen Jahren konnte am 19. Juni 2002 die letzte von insgesamt 50 CNC-Maschinen auf die papierlose Fertigung umgestellt werden. Im nächsten Schritt verband der Produzent die Akteure der zerspanenden Fertigung mit einer intelligenten Datendrehscheibe in Form eines webbasierten Assistenzsystems miteinander.
Wesentliche Triebfeder für die Entwicklung dieses Assistenzsystems waren Ineffizienzen beim Rüstprozess der NC-Maschinen. Hierbei kommt insbesondere ein allgemein in der Fertigung mit NC-Maschinen vorzufindendes Problem zum Tragen, dass die an einem Fertigungsprozess beteiligten Aggregate wie NC-Maschinen, Voreinstellgeräte, Lagersysteme et cetera proprietäre Datenformate verwenden und eine aggregatsübergreifende Bereitstellung der Prozessdaten regelmäßig nicht möglich ist.
Maschinen als Insel
Zeichnen sich moderne NC-Maschinen zwar durch hohe Bearbeitungspräzision und -geschwindigkeit aus, so stellen diese in vielen Fällen doch Insellösungen mit entsprechenden Schnittstellenproblemen dar. Ein durchgängiger Datenfluss scheitert an der Vielzahl und Vielfalt der beteiligten Kommunikationsschnittstellen. Hier war das Ziel, alle am Auftragsprozess beteiligten Akteure zu vernetzen – ERP-/PPS-System, NC-Programmierung, Werkzeugverwaltung, Messgeräte, Werkzeuglagersystem, NC-Maschinen, Instandhaltung und Qualitätssicherung. Es wurde ein integrierter Ansatz verfolgt, der die übergreifende Erfassung und Bereitstellung von Informationen ermöglicht. Proprietäre Datenformate von parallel arbeitenden Insellösungen sollten zu einem vernetzten webbasierten und papierlosen Assistenzsystem tranformiert werden.
Ohne zentralen Datenhub in der Produktion würde angesichts der anfallenden Kommunikation der Bedarf an Bandbreite explodieren. Bild: Maschinenfabrik Reinhausen GmbH
Vertikale Integration
Als Informationsdrehscheibe zwischen allen am Prozess der Maschinenrüstung beteiligten Akteuren fungiert das hauseigene Manufacturing Execution-System im Sinn eines Assistenzsystems zum einen als Bindeglied zwischen dem ERP-System und der physischen Fertigung im Sinn einer vertikalen Integration und zum anderen als Bindeglied zwischen den einzelnen den Fertigungsprozess ausführenden Einheiten (horizontale Integration): Bei der vertikalen Integration übernimmt das MES MR-CM die Aufgabe, als Bindeglied zwischen dem PPS-System und der physischen Fertigung, also den einzelnen Produktionsanlagen, die Fertigungsaufträge eine Aggregationsebene ‚tiefer‘ zu erfassen und so deren Planung und Steuerung zu unterstützen.
Ein vom PPS-System ausgelöster Fertigungsauftrag wird durch das Assistenzsystem übernommen und auf Shop Floor-Ebene gesteuert, bis er abgeschlossen ist. Während das Planungswerkzeug Aufträge untereinander koordiniert und terminiert, kommt dem MES eine Steuerungsaufgabe in der Abarbeitung der einzelnen Aufträge zu. Dabei stellt das produktionsnahe System nicht nur den Datenfluss vom PPS-System hin zur Fertigung sicher, sondern meldet Teilschritte und abgeschlossene Aufträge an das ERP-System zurück. Durch diese Rückmeldung wird erreicht, dass das PPS-System seine Auftragsplanung auf ‚real time‘-Daten aufbauen kann und nicht auf Grundlage geplanter Daten oder Kapazitäten rechnen muss. So wird es möglich, dass das Planungswerkzeug Aufträge unter Berücksichtigung von aktuell im Bedarfszeitpunkt erhobenen Informationen vergibt, zum Beispiel aktueller Prozessstatus oder Bestand der Werkzeugmagazine einzelner Maschinen.
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