Chaotische Lagerhaltung mit IT organisieren

Jeder Schnelldreher am richtigen Platz

Mit stationären und mobilen Lösungen sorgt die Peri GmbH für einen dialoggestützten Daten- und Belegfluss mit durchgängigen Prozessen im Freilager. So lastet der Hersteller von Schalungen und Gerüsten seine Stapler höher aus, verbessert die Transportwege und setzt sein Team effizienter ein. Besonders die Einarbeitung neuer Mitarbeiter hat sich verkürzt, und die Logistikleistung im Lager kann bei Bedarf zeitnah erhöht werden.




Bild: Peri GmbH

Ob der 412 Meter hohe Al Hamra Tower in Kuwait oder die weltweit höchste Schrägseilbrücke, die Puente Baluarte in Mexiko: Bei vielen anspruchsvollen Bauprojekten setzen die Verantwortlichen auf die flexiblen und hochwertigen Gerüste und Schalungssysteme sowie die Engineering- und Servicedienstleistungen der Peri GmbH. Mit etwa 7.000 Mitarbeitern und 50 Tochtergesellschaften erwirtschaftete das Familienunternehmen aus Weißenhorn bei Ulm 2014 einen Umsatz von mehr als 1,14 Milliarden Euro.

Freilager mit 100.000 Quadratmetern

Ein wichtiger Faktor für den Erfolg von Bauvorhaben ist, dass der Transport der Gerüst- und Schalungssysteme auf die Kundenanforderungen und die Gegebenheiten vor Ort abgestimmt wird. Die Voraussetzung dafür schafft Peri durch seine Prozesse im Bereich der Produktionsplanung und -steuerung sowie der Intralogistik, die mit integrierten Funktionen der Geschäftssoftware SAP ERP abgebildet werden. Der Bestand des riesigen Freilagers am Hauptsitz in Weißenhorn, das mit einer Fläche von 100.000 Quadratmetern etwa der Größe von 15 Fußballfeldern entspricht und in dem 1.500 bis 2.000 Artikel geführt werden, wird in einem Warehouse Management-System (WMS) SAP WM verwaltet. „Das Freilager fungiert als Puffer zwischen der Produktion, wo die Gerüste und Schalungen hergestellt werden, und dem Versand der fertigen Produkte“, sagte Jürgen Nübling, der in Weißenhorn für die operative Logistik verantwortlich ist. Vom Werk aus wird die produzierte Ware zunächst mit Staplern an den dafür vorgesehenen Platz im Freilager transportiert. Anschließend geht sie an eine Umpackstation oder gleich direkt in einen Warenausgangspuffer, wo sie zur Verladung bereitgestellt wird. Je nach Auftragslage arbeitet das Freilager im Zwei- oder im Dreischichtbetrieb, wobei pro Schicht gleichzeitig bis zu 30 Front- und Seitenstapler mit einer Nutzlast von bis zu 4,5 Tonnen unterwegs sind.

Mitarbeiter und Stapler auslasten

Für das reibungslose Zusammenspiel im Lager sorgen das Transportsteuerungssystem Orbis TSS, das in das Warehouse Management-System integriert ist, und eine mobile Lösung. Eine dialoggestützte mobile Datenerfassung mit beleglosem Informationsfluss ist dafür zuständig, sämtliche Warenbewegungen bei der Ein-, Um- und Auslagerung online automatisch in das WMS zu übertragen und dort nahezu in ‚Echtzeit‘ parallel zum Materialfluss zu verbuchen. Das Transportsteuerungssystem ist auf einfache Bedienbarkeit ausgelegt, um insbesondere neuen Mitarbeitern den Zugang zum System zu erleichtern. Dass dieser Ansatz funktioniert, zeigte sich im Rahmen einer Auftragswelle. Binnen weniger Wochen konnten rund 40 neue Mitarbeiter in die Lagerprozesse eingebunden werden und so die Umschlagskapazität zeitnah deutlich gesteigert werden. Zum Vergleich: „Früher musste sich ein neuer Mitarbeiter die unterschiedlichen Lagerorte und zahlreichen Artikel zuerst einprägen“, sagte Jürgen Nübling. Da die einzelnen Gebinde je nach Platzbedarf und Produktionsmenge häufig umgelagert werden, musste jeder Staplerfahrer zudem genau wissen, an welchem Lagerplatz sich die benötigten Artikel gerade befinden.



Peri führt im 100.000 Quadratmeter großen Freilager am Hauptsitz in Weißenhorn 1.500 bis 2.000 Artikel. Die Prozesse dort werden durch das Transportsteuerungssystem Orbis TSS unterstützt. Bild: Peri GmbH

Transportaufträge automatisch zuweisen

Nach den Systemeinführungen meldet sich der Fahrer bei Schichtbeginn nur über sein Touchscreen-Terminal, das auf dem Stapler montiert ist, an. Dann kann er per Fingertipp die Nummer des aktuellen Transportauftrags aufrufen. Da zu jedem Auftrag sowohl der Lagerplatz als auch die Verlademenge angezeigt wird, kann sich der Mitarbeiter direkt zum Standort begeben und die eindeutig identifizierbaren Gebinde (Lagereinheiten) aufnehmen. Das können Teilmengen oder vollständige Packstücke sein. Das Lesegerät ist ebenfalls auf dem Stapler installiert. Mit ihm werden die auf einem Gebinde angebrachten Barcodes zur Verifikation eingescannt. Die eingelesenen Daten werden im Hinblick auf den aktuellen Lagerplatz, die verfügbare Menge und den momentanen Status mit den in SAP WM hinterlegten Daten abgeglichen, um eine Verwechslung oder Fehlbeladung zu vermeiden. Sind die Packstücke am Nachlagerplatz abgelegt, wird der Vorgang durch Eingabe einer Prüfziffer des entsprechenden Zielplatzes bestätigt und abgeschlossen. Anschließend ermittelt Orbis TSS anhand der Bedarfstermine, die auf Basis der Verladeplanung ermittelt werden, und unter Beachtung der Dringlichkeit automatisch den Folgeauftrag und weist ihn dem Fahrer zu. Die Reihenfolge wird anhand von Parametern wie der Kapazitätsauslastung des Arbeitsplatzes, der eingestellten Entfernung und den festgelegten Prioritäten und Gewichtungen errechnet. Darüber hinaus kalkuliert das Transportsteuerungssystem – ähnlich wie ein GPS – automatisch die geringste Entfernung.

Einführung in acht Monaten mit neuer Lagerstruktur

Durch gutes Zusammenspiel aller Projektbeteiligten dauerte die Einführung der Systemwelt acht Monate. Das schloss die Integration der Hardwarekomponenten für die Mobilanwendung und den Aufbau einer eigenen Netzwerkinfrastruktur für die mobilen Prozesse ein. Zudem hat die Peri GmbH neben der Implementierung das Freilager reorganisiert und die Stellplätze neu markiert. Im WMS wird der gesamte Bestand nun bis hinunter auf den einzelnen Lagerplatz abgebildet. Zugleich wird jedes Materialgebinde als eigene Lagereinheit geführt und ist so identifizierbar. Dies ermöglicht eine produktgruppenunabhängige chaotische Lagerhaltung, bei der die ‚Schnelldreher‘, also Produkte, die sich sehr häufig verkaufen, nun im Zentralbereich und die ‚Langsamdreher‘ in den Randbereichen abgestellt sind. Rund 25.000 Packstücke wurden in diesem Zusammenhang umgelagert und mit Barcodes etikettiert. Die Prozesse im Freilager sollen nun Schritt für Schritt weiter verbessert und dabei noch mehr Abläufe in das Transportsteuerungssystem integriert werden.