Chance für Hersteller intelligenter Geräte und Komponenten
Produkte sollen 'intelligenter' werden: Der Einsatz eingebetteter Systeme kann in Zukunft als Grundlage dafür dienen, dass Erzeugnisse per Internet mit dem Herstellerbetrieb in Verbindung stehen. Dazu müssen sich Produzenten allerdings mit Einsatz und Pflege von Software auseinandersetzen. Auf der 'Haben-Seite' stehen Chancen auf eine stärkere Automatisierung von Wartung und Verkauf sowie neue Upsell-Strategien.

Das ‚Internet der Dinge‘ – auf Englisch ‚Internet of Things‘ (IOT) – ist ein Begriff, der beschreiben soll, wie intelligente Geräte und eine Vielzahl physischer Komponenten so über das Internet vernetzt werden, dass diese Endpunkte Daten generieren und austauschen können. Nahezu jedes Produkt soll künftig über eine IP-Adresse und Kommunikationsfunktionen verfügen. Dies gilt für Netzwerk- und Kommunikationsgeräte genauso wie für industrielle Geräte und Einrichtungen – aber auch Gebäude, medizinische Geräte, Prüf- und Messsysteme oder Baumaschinen.
All diese Erzeugnisse sollen künftig über das Web mit anderen Geräten und Diensten verbunden sein. Das Marktforschungsunternehmen Gartner erwartet, dass bis zum Jahr 2020 mehr als 30 Milliarden Geräte ständig online sein werden und mehr als 200 Milliarden Geräte zeitweilig Verbindungen zum Internet herstellen. Dazu müssen die Hersteller ihre Produkte weiterentwickeln – und isolierte Systeme mit fest codierten Funktionen durch flexible Geräte ersetzen, die nahtlos vernetzt sind. Die Entwicklung intelligenterer Produkte kann zwar höheren Aufwand für Produktion und Entwicklung der Komponenten bedeuten, verspricht aber insgesamt eine Vielzahl von Vorteilen.
Längere Produktlebensdauer und Vorteile für Service und Support
Ein Großteil der Funktionen solcher ‚intelligenter‘ Geräte wird künftig über ‚Embedded‘-Software gesteuert. Dadurch lassen sich auch Erweiterungen im Funktionsumfang oder Produkt-Upgrades mithilfe von Softwarebefehlen vornehmen, die über das Internet an das Gerät übermittelt werden. Damit steigt der Wert des gekauften Produkts, weil der Anwender es über einen längeren Zeitraum und ohne größere Beeinträchtigungen nutzen kann. Der Hersteller hat im Gegenzug mehr Möglichkeiten für den Verkauf zusätzlicher oder ergänzender Produkte und Funktionen und kann mit vergleichsweise niedrigem Aufwand neue Funktionen bereitstellen. Und nicht zuletzt kommt es der Umwelt zu Gute, wenn weniger Geräte produziert und damit entsorgt werden.
Durch das Internet der Dinge können Gerätehersteller ihren Kunden ein besseres Service-Erlebnis bieten – und dies zu deutlich geringeren Kosten. Die entsprechenden Produkte können nicht nur ihre Betriebsfunktionen selbst überwachen, sondern auch Störungen via ‚Maschine-zu-Maschine-Kommunikation‘ (M2M) an den Hersteller übermitteln. Damit lässt sich der Prozess der Fehlersuche und -diagnose stärker automatisieren und somit wesentlich effizienter gestalten. Die passende Sensorik vorausgesetzt, lassen sich potenzielle Probleme softwaregestützt im Sinne einer vorausschauenden Wartung schon im Vorfeld erkennen. Viele dieser Probleme werden sich aus der Ferne über Softwarebefehle, Programmanpassungen oder Upgrades beheben lassen.
Niedrigere Produktions- und Distributionskosten
Geräte, die über eingebettete Software gesteuert werden, verursachen potenziell höhere Entwicklungskosten und stellen Hersteller vor die Herausforderung, ein angepasstes Lebenszyklusmanagement für Software zu etablieren. Im Gegenzug können vernetzte Geräte, die über eingebettete Systeme gesteuert werden, zu einer merklichen Reduzierung der Produktionskosten beitragen. Denn Anbieter können die Anzahl der zu produzierenden Modelle reduzieren, indem die Leistungsmerkmale, Funktionen, Kapazitäten und Durchsatzleistungen von Geräten oder Maschinen über Software gesteuert werden. Die Anwendungsgebiete dafür sind breit gestreut und können von der ferngesteuerten Überwachung der Wohnungsbeleuchtung bis zur Freischaltung von Funktionen eines Bearbeitungszentrums reichen.
Das Internet der Dinge bietet Fertigern so auch Möglichkeiten zum Ausbau der Kundenbasis. Sind Hersteller durch die Verwendung eines Softwarelizenzierungsmodells erst einmal in der Lage, Abnehmern über Updates Produktverbesserungen anzubieten, können sie die entsprechenden Funktionserweiterungen auf der Grundlage eines softwarebasierten Wartungs- und Update-Modells abrechnen. Zudem haben sie die Möglichkeit, differenzierte Support- und Instandhaltungsleistungen mit unterschiedlichem Umfang anzubieten und so gleichzeitig das Kundenerlebnis zu verbessern. Und da eingebettete Software die Voraussetzungen für flexible Produktkonfigurationen schafft, können Hersteller das Leistungsspektrum ihrer Geräte zusammenstellen und entsprechende Preise festlegen, um so neue Marktfelder, Wachstumsmärkte oder Marktnischen zu erschließen, die bisher unwirtschaftlich waren.
Der Hersteller wird zum Software-Anbieter
Das Einbetten von Lizenz- und Berechtigungsmanagement-Software ist eine Schlüsseltechnologie, um intelligente Produkte so zu gestalten, dass sie in der Lage sind, die Vorteile einer Internetumgebung zu nutzen. So können Produkte personalisiert werden, ohne mehrere Modelle eines Erzeugnisses herstellen zu müssen. Über Änderungen an der Software lassen sich dann die Verhaltensweise der Hardware steuern und das Produkt an Anwender-Anforderungen anpassen, indem beispielsweise Leistungsmerkmale aktiviert oder deaktiviert werden. Produzenten werden den Übergang zum ‚Internet der Dinge‘ nur dann bewältigen, indem sie nicht nur wie ein Gerätehersteller, sondern wie ein Softwareunternehmen agieren. Entscheidend wird hier sein, dass bei Herstellung und Vertrieb von Hardware ein softwarezentrischer Ansatz genutzt wird. Dabei sollten folgende Punkte bedacht werden:
- Es muss sichergestellt werden, dass die Transformation von allen Bereichen im Unternehmen unterstützt wird. Dies gilt neben Technik oder Produktmanagement auch für Gruppen in anderen Abteilungen.
- Der Betrieb muss sich mit Softwarelizenzierungsmethodik und Ansätzen auseinandersetzen, die sich im Umfeld der Produktion intelligenter Geräte nutzen lassen.
- Aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Optionen müssen geeignete Softwarelizenz-Compliance-Richtlinien und Durchsetzungsmechanismen ermittelt werden.
- Hersteller müssen Lieferungs- und Bereitstellungsmechanismen von Hard- und Softwareprodukten verstehen. Die Distributionsmechanismen sollten aufeinander abgestimmt sein, können aber auch spezifisch sein.
- Unternehmen müssen den Wertschöpfungslebenszyklus von Softwareprodukten verstehen: Bei Software geht es um einen fortlaufenden Prozess, der immer mehr auf Abonnements basiert.
- Zur Unterstützung des Wertschöpfungszyklus der Software müssen passende Geschäftsprozesse existieren.
- Unternehmen sollten ein Self-Service-Kundenportal einrichten. Dadurch können operative Kosten reduziert und die Akzeptanz beim Kunden erhöht werden.
- Parallel sollte eine passende Produktmanagement- und Vermarktungsstrategie definiert und umgesetzt werden.
- Vertriebstrainingsmaßnahmen müssen entwickelt und Provisionsregelungen festgelegt werden. Schließlich geht es nicht um den Verkauf einer Anzahl von Hardwareprodukten, sondern um den Verkauf eines ‚Wertes‘.
- Im Hinblick auf Umsätze und Margen gilt es, Produktentwicklungs-, Lieferungs- und Ausführungsstrategie kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Durch die Nutzung von auf Geräten eingebetteter Lizenz- und Berechtigungsmanagement-Software können Hersteller vernetzte Geräte entwickeln, mit denen neue Umsatzquellen erschlossen, geistiges Eigentum geschützt und die Voraussetzungen für eine auftragsspezifische Fertigung geschaffen werden. Dies kann nicht nur zu einer deutlichen Reduzierung von Lagerbeständen beitragen, sondern liefert auch Möglichkeiten, auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren.
Blick auf Management und Support erforderlich
Wenn sich Hersteller für den Übergang zu vernetzten Geräten mit ‚Software-Intelligenz‘ entscheiden, werden sie auch über Management- und Support-Ebenen nachdenken müssen, die mit diesem neuen Modell verbunden sind. Dies gilt besonders dann, wenn das Unternehmen Produkte an andere Unternehmen verkauft. So möchte etwa das IT-Team des einkaufenden Betriebes die Kontrolle über manche oder alle Prozesse haben. Hierfür sind einige Änderungen der Infrastruktur erforderlich – wie der Anschluss des vernetzten Systems an ein IT Operations Management Center, das genutzt werden kann, um die Daten aus dem neuen System zu erfassen, zu filtern, zu analysieren und darauf zu reagieren. Ganz gleich, wie die Gerätehersteller diese Strategien umsetzen, steht außer Frage, dass das ‚Internet der Dinge‘ und die M2M-Konnektivität Veränderungen darstellen, die jede vertikale Branche dauerhaft betreffen.
Wie die Gartner-Untersuchung nahelegt, erkennen erste Unternehmen bereits jetzt das Ausmaß der Gelegenheiten und entwickeln Strategien für diese Transformation, wobei einige Firmen schon am Ziel angekommen sind. In jenen Unternehmen, die sich nicht auf den Weg gemacht haben, werden Bestreben, Vorstellungskraft und Kreativität des Managements benötigt. Zudem sind sie auf die Unterstützung von Fachkräften und Vordenkern aus sämtlichen Bereichen des Unternehmens angewiesen, die dem Produktionsbetrieb helfen können, auch wie ein Softwareunternehmen zu denken und zu handeln.