Branchensoftware begleitet Wachstumskurs

Viele ‚Hidden Champions‘, bilden ihre Geschäftsprozesse mit Systemen ab, die mit dem Unternehmen gewachsen sind. Wenn der Softwarewechsel ansteht, gilt es den Anbieter zu finden, der mit seiner Softwarearchitektur der Unternehmensstruktur Rechnung tragen kann. Dabei sollten auch Wachstumspläne berücksichtigt werden.

Bild: GHH Fahrzeuge GmbH

Die Abkürzung ERP steht für Enterprise Resource Planning und bezeichnet Software, mithilfe derer sich verschiedene Bereiche und Prozesse eines Unternehmens steuern lassen. Die an die Bedürfnisse eines Betriebes angepassten Systeme unterstützen die Organisation und Optimierung von Unternehmensvorgängen bis in die Prozessebene hinein. Zu den üblicherweise abgebildeten Prozessen zählen unter anderem Buchhaltung, Controlling, Einkauf, Produktion und Vertrieb. Ergänzt werden die Systeme oft durch spezifisch zugeschnittene Module, mit denen weitere Aufgaben abgedeckt werden. Oft ist der Einsatz von Branchensoftware sinnvoll. Diese Systeme bringen Werkzeuge mit, die auf die Anforderungen und Bedürfnisse bestimmter Branchen, wie Maschinen- und Anlagenbau, Kunststoff verarbeitende Industrie oder Lebensmittelindustrie, zugeschnitten sind. Dazu zählen Funktionen wie frei definierbare Kalkulationsschemata, Variantenkonfigurator, Rezepturverwaltung, Qualitätssicherung, Bonusabrechnung und Chargenrückverfolgung.

Die Vielzahl der am Markt erhältlichen Software wie Microsoft Dynamics oder SAP wendet sich mit abgestimmten Lösungen an Unternehmen verschiedener Größen und Tätigkeitsfelder. Mit mehr Informationen und der Bereitstellung von Echtzeitdaten kann ERPSoftware einen Beitrag zum besseren Überblick in der Wertschöpfungskette leisten. So erhält ein Unternehmen eine breite Grundlage für Entscheidungen und kann sich flexibel auf die Anforderungen volatiler Märkte einstellen. Aus dem Blick auf Unternehmensprozesse erwächst die Chance, das Controlling zu verbessern, die Margen zu vergrößern und so zum Unternehmenswachstum beizutragen.

Ein Beispiel dafür ist das ERP-System Microsoft Dynamics NAV, das insbesondere darauf abzielt, die Ablauforganisation in mittelständischen Unternehmen zu unterstützen. Ziel der IT-gestützten Unternehmensplanung kann etwa sein, durchgängige, automatisierte Prozesse zu definieren, um Auftragsabwicklung oder Termintreue zu verbessern. Im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit sollte darauf geachtet werden, dass sich die Software leicht erweitern und an neue Geschäftsprozesse anpassen lässt.

Besondere Anforderungen beim Spezialmaschinenbauer

Die GHH Fahrzeuge GmbH in Gelsenkirchen leitet ihren Firmennamen von der ‘Gutehoffnungshütte AG’ ab und produziert seit 1964 Spezialfahrzeuge für den Bergbau. 1987 wurde das Angebot um stangenlose Flugzeugschlepper erweitert. Heute stellt der Betrieb Fahrlader, Muldenkipper und Sonderfahrzeuge her, die im Berg-, Tunnelbau und auf Flughäfen im Einsatz sind. Unter Leitung von Geschäftsführer Mortimer Glinz bietet das Unternehmen auch Serviceleistungen für die Fahrzeuge an. Nachdem die Unterstützung des ehemals eingesetzten Warenwirtschaftssystems ausgelaufen war, suchte das Unternehmen eine geeignete ERP-Software. Der Weg zu einer Entscheidung führte über die Formulierung eines Pflichtenheftes sowie der unternehmensspezifischen Anforderungen, die mit dem neuen System abgebildet werden sollten. Dabei ließ sich das Unternehmen von der Trovarit AG beraten. Der Marktanalyst und Dienstleister hat sich auf Beratungsleistungen und Systemauswahl rund um ERP-Anwendungen spezialisiert.



Die GHH-Maschinen werden im Berg- und Tunnelbau eingesetzt. Der Fertiger bietet auch Dienstleistungen für die Fahrzeuge an. Das Unternehmenssystem muss daher neben Verwaltung und Montage auch das Servicegeschäft unterstützen. Bild: GHH Fahrzeuge GmbH

Bei der Suche zeigte sich, dass viele auf dem Markt erhältlichen Systeme Schwierigkeiten hatten, die beiden Unternehmensschwerpunkte gleichermaßen detailliert innerhalb der Lösung darzustellen: Einerseits ist der Sonderfertiger ein Montagebetrieb mit geringer Fertigungstiefe, andererseits weist das Unternehmen Strukturen des Handels auf. Die neue Software sollte jedoch in der Lage sein, beide Prozessketten umfassend abzubilden. Nach einem Evaluationsverfahren entschied sich der Fahrzeughersteller für die ERP-Branchenlösung Modus Engineering, die speziell für den Maschinen- und Anlagenbau konzipiert ist, des Microsoft Dynamics-Partners Modus Consult AG aus Gütersloh. Neben Standardmodulen waren vor allem branchenspezifische Funktionalitäten ausschlaggebend für die Entscheidung. Für den Integrationspartner sprach auch die Praxiserfahrung aus Projekten im Maschinen- und Anlagenbau, die sich auch in industriespezifischen Zusatzlösungen zeigt. So bietet das Softwarehaus etwa eine Funktionserweiterung an, die dem Anwender zu jedem Zeitpunkt zwischen Angebotserstellung und Auslieferung eine detaillierte Kalkulation gestattet.

Auch die Funktionen zur Terminplanung und -überwachung des ERP-Systems wurden erweitert: „Der After Sales-Service muss in der Prozessabbildung genauso berücksichtigt werden wie die konstruktionsbegleitende Fertigung, ob diese nun bei uns im Haus oder als eine Art verlängerte Werkbank bei einem unserer Zulieferer oder bei Subunternehmen stattfindet”, sagt Werner Schehler, Prokurist und Leiter Materialwirtschaft bei GHH Fahrzeuge. Über einen Implementierungszeitraum von zwölf Monaten wurden die Hauptsystemmodule Finanzmanagement, Kostenrechnung, Einkauf, Verkauf, Produktion, Instandhaltung und Ersatzteilmanagement eingeführt. „Wir sind in das ERP-Projekt allerdings nie alleine mit dem Vorhaben hinein gegangen, Rationalisierungspotenziale auszuschöpfen. Sicherlich ist es gut, Geld und Ressourcen einsparen zu können, aber unser Fokus lag ganz klar auf einem höheren Durchsatz in der Produktion bei weiter gesteigerter Qualität”, erläutert der Prokurist.

Integration von Engineering und Warenwirtschaft

Die Verwaltung der Stücklisten ist für den Sonderfertiger sowohl bei der auftragsbezogenen Konstruktion als auch für den Prototypenbau von zentraler Bedeutung: „Obligatorisch ist auch die Möglichkeit, Daten zwischen dem ERP- und dem CAD-System integriert austauschen zu können. Durch die Integration der Konstruktion in die Warenwirtschaft erwarten wir, dass unser System die Problematiken von Vorabbestellungen kostenintensiver Langläuferteile abdecken kann”, schildert Werner Schehler.

Dabei ist eine parallele Bearbeitung der Stücklisten zu jedem Zeitpunkt in der Auftragsbearbeitung möglich. Da sich für den Betriebsablauf zentrale Prozesse nun durchgängig abdecken lassen, betrachtet das Unternehmen aus Gelsenkirchen die Integration als gelungen und ist damit dem langfristigen Unternehmensziel einen Schritt näher, zukünftiges Wachstum durch die eingesetzte IT-Infrastruktur und die weitere Zusammenarbeit mit dem Implementierungspartner unterstützen zu können.