Die IT-Unterstützung für Fertigungs- und Montageprozesse stellt bei der Systemkonsolidierung eine erhebliche Herausforderung dar. Im Gegensatz zu Controlling- oder Einkaufsprozessen lassen sich die Systemlogiken etwa unterschiedlicher Niederlassungen nur schwer in globalen Templates abbilden.
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Auf dem Weg zu einheitlichen Systemabläufen

Die Mehrheit der Unternehmen will ihre neue Zielarchitektur mit einem Brownfield-Ansatz umsetzen, bei dem bestehende Systeme die Basis für das Template bilden. Vor der Template-Entwicklung steht die Frage im Raum, welche Applikationen bestehen bleiben und welche ersetzt werden sollen. Dabei bietet es sich an, vorhandene Applikationen einzeln zu bewerten. Wenn Unternehmen eine Anwendung häufig anpassen mussten und der Aufwand für die Implementierung neuer Anforderungen besonders hoch ist, steht die Wirtschaftlichkeit der Anwendung in Frage. Denn Anpassungen an Prozessänderungen gestalten sich dann meistens sehr langwierig und die Kosten für die Anpassung sind entsprechend hoch.

„In der Praxis beschränken sich viele Unternehmen darauf, zunächst nur die Prozesse mit einem Master-Template abzubilden, von denen sie glauben, dass sie sich weltweit am ehesten standardisieren lassen“, erläutert Hövelmanns. Dies seien etwa die Bereiche Finanzen und Controlling sowie Prozesse im Einkauf. Sie werden zentral definiert, im Kern ausgerollt und länderspezifisch angepasst, um unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Der Studie zufolge erwarten sowohl Konzerne als auch kleine und mittlere Unternehmen, ein entsprechendes Konsolidierungsprojekt innerhalb von fünf bis sechs Jahren abschließen zu können.

Herausforderung in Fertigung und Montage

Je tiefer die Prozesse abgebildet werden müssen, etwa in der Fertigung und Montage, desto herausfordernder wird die Standardisierung. Um solche Prozesse angemessen abzubilden, müsse man mitunter von einer Single-Vendor-Strategie abweichen. Helmut Bremicker, Managing Partner des Beratungshauses und einer der Studienautoren, erklärt: „In der Fertigungsindustrie kommen häufig stark individualisierte Software-Lösungen zum Einsatz. Das betrifft etwa die Bereiche Fertigungs- und Montageplanung sowie deren Steuerung.“ In diesen produktionsnahen Bereichen gebe es heute vielfach entweder Individualentwicklungen oder stark individualisierte Standardsoftware, die über die Jahre hinweg so angepasst wurde, dass sie die Prozesse bestmöglich unterstützt. Viele Mitarbeiter in den Fachabteilungen der Unternehmen befürchten, dass sie bewährte, effiziente Prozesse durch Konsolidierung und Standardisierung verlieren. Hier entstehen erhebliche Widerstände, wenn eine gemeinsame Standardsoftware eingeführt werden soll. Entscheidet sich das Management dennoch für eine solche Lösung, seien Anpassungen zumeist unabdingbar.

Professionelles Change Management gefragt

Um einen erneuten ‚Wildwuchs‘ an individuellen Komponenten im Standardsystem zu vermeiden, sollten Unternehmen nach Empfehlung des Beratungshauses im Rahmen von Konsolidierungsprojekten ein professionelles Change- und Release Management mit stringenten Freigabeverfahren durchführen. Außerdem empfiehlt es sich, Entwicklungsstandards einzuhalten, um die Releasefähigkeit der neuen Software zu erhalten. Auf technischer Seite zählen die schwierige Wartbarkeit und die mangelnde Flexibilität vorhandener Systeme zu den wichtigsten Gründen für eine Konsolidierung. Insbesondere produzierende Unternehmen mit komplexen Produkten arbeiten in Primärprozessen häufig mit individualisierten Systemen, die noch in Programmiersprachen wie Cobol oder PL/I geschrieben wurden. Fachpersonal mit Know-how in diesen rund 50 Jahre alten Sprachen ist nur schwer zu finden.

Der Aufwand für die Anbindung neuer Technologien wie Web EDI, mobiler Lösungen, RFID oder auch nur einer trivialen Office-Umgebung an diese Altsysteme ist hoch. Es fehlt an technologischen Schnittstellen. IT-Mitarbeiter müssen die neuen Technologien manuell in Eigenentwicklungen oder alte, stark individualisierte Standardanwendungen integrieren. Aktuelle Standardsoftware bringt hingegen Web Services, Funktionalitäten für die Anbindung mobiler Lösungen und Standard-Schnittstellen für gängige EDI-Formate vielfach bereits mit. Die Studie zeigt zudem: Unternehmen, die ausgeprägte Serienfertigung oder Massenproduktion betreiben, haben ERP-Standardsoftware bereits umfassend in Vertrieb, Produktion und Logistik eingeführt. Nun arbeiteten auch die großen deutschen Fertigungsunternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau an der Abschaffung von Individuallösungen. Der Impuls für diesen Wandel stammt in der Regel aus dem Management. Und auch wenn die Unternehmen ihre Modernisierungs- und Konsolidierungsprojekte in sinnvollen Teilschritten über einen Zeitraum mehrerer Jahre hinweg planen, ist das langfristige Ziel eindeutig die ‚Ein-ERP‘-Landschaft.







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