Beitrag drucken

Ablaufsimulation bei Industrie 4.0-Vorhaben

Kriterien bei Auswahl und Einführung von Simulationslösungen

Bei der Einführung von Industrie 4.0-Technik und der damit verbundenen Dezentralisierung von Steuerungen ist es meist notwendig, die Auswirkungen und Potenziale der Maßnahmen insbesondere quantitativ zu bewerten. Die Komplexität der Methoden und Ideen einer Industrie 4.0 lassen sich bei bestehenden Abläufen schwer und bei neu geplanten Prozessen in der Produktion, Logistik und Supply-Chain so gut wie überhaupt nicht ohne ein reales System bewerten, da die Auswirkungen von autonomen und dezentralen Systemen auf Kennzahlen wie Durchsatz, Durchlaufzeit, Kosten et cetera nicht mehr klassisch zu berechnen sind. Hierbei helfen Methoden der dynamischen Ablaufsimulation.

Beispiel eines Simulationsmodells einer verketteten Anlage. Bild: Hans Lingl Anlagenbau

Die Ablaufsimulation ist eine etablierte Technologie, die seit fast drei Jahrzehnten als Standardtechnologie für die Bewertung von Prozessen, Puffergrößen, Ressourcenbedarf et cetera in Produktion und Logistik zum Einsatz kommt. In Branchen wie der Automobilindustrie oder der automatisierten Logistik gehört sie zum alltäglichen Handwerkszeug für den Planer oder Ingenieur zur Bewertung der Planungsqualität und Optimierung von Prozessen und deren Ressourcenbedarf. Die Simulation ermöglicht über eine lokale Optimierung von Einzelprozessen hinaus die ganzheitliche Betrachtung von Systemen und damit die Berücksichtigung von zentralen oder dezentralen Steuerungsregeln, dynamischen Effekten (zum Beispiel Störungen und Schwankungen) und zeitlichen Interaktionen, da sie diese in einem virtuellen Modell abbildet sowie deren Auswirkungen objektiv bewertet. Deshalb ist die Simulation ein wichtiges Werkzeug in der Betrachtung und Ausarbeitung von Prozessen im Rahmen der Industrie 4.0.

Natürlich ist die Simulation nur ein methodisch begleitender Schritt im Kontext des Themas, aber sicherlich ein wichtiger Schritt für die Professionalisierung der Prozessplanung. Die Ablaufsimulation war in der Vergangenheit meist ein Werkzeug von Experten für Experten und deshalb wurden Ablaufsimulationen häufig durch Simulationsdienstleister erbracht. Heute ist sie fester Bestandteil von Studiengängen an Universitäten und Berufsschulen. Das hat den Effekt, dass viele Berufseinsteiger mit dem Thema vertraut sind und bereits erste technische Erfahrungen gesammelt haben. Dies ist sicher eine Erklärung für die Tatsache, dass in einem gut entwickelten Markt wie Deutschland die Verkaufszahlen von Simulationssoftware an Neukunden nach wie vor stetig ansteigen. So haben auch viele kleine und mittlere Unternehmen die Technologie für sich als essenziellen Bestandteil ihrer Planung und Optimierung erkannt.



Im Bild: Dr. Harry Kestenbaum, Vorstand Marketing und Vertrieb bei der SimPlan AG

Das Wissen im Unternehmen

Das Wissen steht dem Markt also in Form von ausgebildeten Simulationsexperten vermehrt zur Verfügung. Das Wissen in den Unternehmen um die Softwareauswahl wächst. Gleichzeitig ist damit aber auch eine gewisse Prägung gegeben, die den zukünftigen Anwender bei der Anschaffung eines Simulationswerkzeuges beeinflusst. Er wird wahrscheinlich ein Werkzeug favorisieren, dessen Anwendung er schon kennt und eventuell nicht das technisch richtige. Dem ist auf den ersten Blick auch nichts entgegenzusetzen, weil diese Wissengrundlage hilft, schnell und effektiv in ein Projekt einzusteigen und Ergebnisse zu erzielen. Auf lange Sicht kann dies aber dazu führen, dass Themen nicht effizient bearbeitet werden, weil etwa die Wiederverwendbarkeit durch kundeneigene Bausteine nicht gegeben ist oder strategische Elemente wie die Einbettung in eine Gesamtlösung über Schnittstellen nicht berücksichtigt werden.

Vorgehen bei der Auswahl

Aus diesem Grund empfiehlt sich nach wie vor die Erstellung eines Kriterienkatalogs, den man zusammen mit den internen Fachleuten und beziehungsweise oder einem neutralen Anbieter von Simulatonswerkzeugen er- und abarbeitet. Wie in der Abwicklung von Simulationsprojekten auch, ist bei der Softwareauswahl die Festlegung der Verwendungsziele ein wichtiges Kriterium. Dazu können gehören:

  • Vorhandene Bausteinelemente (Fördertechnik, Mitarbeiter, Maschinen, Roboter et cetera)
  • Schnittstellen zum Import und Export von Daten oder zu externen Systemen wie ERP oder SPSen
  • Lizenzmodell zur Verwendung der Modelle
  • Programmieraufwand und Sprache
  • Lizenzkosten für die Entwicklung und die Anwendung
  • Animationsqualität

Hier kann die Unterstützung durch Spezialisten gute Dienste leisten, um diese Kriterien individuell zu erstellen und zu gewichten. Auch wenn oftmals Vorwissen im Unternehmen vorhanden ist, kann die Durchführung von Dienstleistungsprojekten im Vorfeld einer Softwareanschaffung ein guter Weg sein, um die Eigenschaften der Software an der eigenen Fragestellung zu testen. Neben dem Validieren der passenden Software wird parallel zu dem Projekt das Know-how über die Erstellung von Simulationsstudien von Dienstleistern an Fertigungsunternehmen übertragen. Die Erfahrung zeigt, dass etwa 50 Prozent des Umfangs eines Simulationsprojektes nicht an der Anwendung selbst sondern mit Analysen und Vorbereitung verbracht werden.


Das könnte Sie auch interessieren:

Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wird der 11. Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und löst Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer nach fast elf Jahren ab.‣ weiterlesen

Christian Thönes, Vorstandsvorsitzender bei DMG Mori, hat am Donnerstag sein Amt niedergelegt. Sein Vertrag wurde im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung einvernehmlich beendet. Alfred Geißler wurde vom Aufsichtsrat zum Nachfolger bestellt.‣ weiterlesen

Microsoft feiert 40. Geburtstag in Deutschland und eröffnet ein europäisches Experience Center in München. Es ist eines von vier Experience Centern weltweit.‣ weiterlesen

Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme beleuchten in einem neuen Whitepaper, wie es um die Entwicklung europäischer bzw. deutscher KI-Sprachmodelle bestellt ist.‣ weiterlesen

Cyber-physikalische Systeme (CPS), wie etwa Autos oder Produktionsanlagen, stecken voller elektronischer und mechanischer Komponenten, die von Software gesteuert werden. Jedoch ist es eine Herausforderung, die Systemarchitekturen solcher Systeme fortwährend konsistent zu halten. Neue Methoden dafür soll ein Sonderforschungsbereich (SFB) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickeln.‣ weiterlesen

Mit der Akquisition der Pod Group hat G+D bereits 2021 sein Portfolio im IoT-Bereich erweitert. Durch den Erwerb von Mecomo geht das Unternehmen nun einen weiteren Schritt in Richtung IoT-Komplettanbieter im Transport- und Logistikbereich.‣ weiterlesen

Die Grimme-Gruppe produziert individuell konfigurierte Landmaschinen. Was für den Wettbewerb Vorteile bringt, ist allerdings mit großem Aufwand verbunden - so verwaltete Grimme Kundenanfragen lange über ein Excel-Tool. Mit dem Softwareanbieter Slashwhy zusammen wurde dies durch ein webbasiertes Anfragemanagement-Programm abgelöst.‣ weiterlesen

Die Software Moryx hilft der Fertigungssteuerung, Maschinen schnell auf einen neuen Kurs zu bringen oder sie für den nächsten Auftrag anzupassen. Mit seinen einheitlichen Bedienoberflächen und seiner niedrigen Einstiegshürde ist das Tool von Phoenix Contact insbesondere auf den Einsatz in Fertigungen mit der Losgröße 1 ausgerichtet.‣ weiterlesen