Seit gut fünf Jahren arbeitet die Stangl & Co. Präzisionstechnik GmbH mit dem Assistenzsystem MR-CM, heute Value-Facturing, das die Fertigungsdaten der Zerspanung vernetzt. Das Unternehmen konnte nicht-wertschöpfende Nebenzeiten weitgehend beseitigen, die Rüstquote auf 63 Prozent senken und den Werkzeugbedarf deutlich verringern. Alles in allem spricht das Unternehmen von einer Produktivitäts- und Effizienzsteigerung von rund 70 Prozent.
Das Assistenzsystem stellt den Mitarbeitern der NC-Fertigung aufgabenbezogene Oberflächen auf den Maschinenbildschirmen zur Verfügung. (Bild: Maschinenfabrik Reinhausen GmbH)
1988 von Hans Stangl und Stefan Kulzer in Roding gegründet, ist die S+K Group mit den Unternehmen Stangl & Co. Präzisionstechnik GmbH, SK Carbon Roding GmbH und Roding Automobile GmbH heute eine international agierende Unternehmensgruppe. Die Stangl & Co. Präzisionstechnik hat sich dabei zum wichtigen Entwicklungspartner und Hersteller komplexer Präzisionsbauteile mit Freiformflächen für Prototypen sowie von Vor-, Null- und Kleinserien entwickelt. Ob Einzelteil oder Großserie aus allen zerspanbaren Materialien, das Unternehmen kann auf jede Losgröße flexibel reagieren. Die Kunden kommen aus der Automobil- und Zulieferindustrie, Luft- und Raumfahrt, Mikro-Elektronik, Elektronik, Medizintechnik, dem klassischen Maschinenbau, der Werkzeugsystemtechnik sowie weiteren Hightech-Branchen. Erfolgsfaktoren sind neben einem guten Gespür für Markttrends und engagierten, hoch qualifizierten Mitarbeitern, die überwiegend in den Unternehmen der Gruppe ausgebildet werden, die ständige Investition in innovative Technologien. Jüngstes Beispiel ist die Ausstattung des Messraums mit einer Highend-Messmaschine Zeiss Xenos, die eine Genauigkeit von bis zu 0,3 µm L/1.000 ermöglicht.
Wachstum machte Assistenzsystem erforderlich
„Mit unserem steten Wachstum und der daraus resultierenden Vielzahl von zu bearbeitenden Teilen konnte unsere manuelle Fertigungssteuerung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr mithalten. Das zeitintensive händische Anlegen und Transportieren der Informationen verursachte lange Rüstzeiten und eine geringe Maschinenauslastung. Außerdem war der Werkzeugaufwand hoch. 2009 entschieden wir deshalb, in das Assistenzsystem MR-CM der Maschinenfabrik Reinhausen zu investieren“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Hans Stangl. Die für Windows Server und SAP Netweaver zertifizierte Softwarelösung wird seit dem Wechsel auf Version 3.0 unter dem Namen Value-Facturing vertrieben. Entstanden ist sie in 25-jähriger Arbeit für die firmeneigene zerspanende Fertigung. Die Software für das NC-Fertigungsmanagement ist vollständig webbasiert und befähigt alle am Fertigungsprozess beteiligten Anlagen und Akteure zur bidirektionalen Online-Kommunikation in Echtzeit. Gleichzeitig kann das System Informationen anreichern. So kann ein durchgängiger elektronischer Workflow enstehen, der komplett ohne manuelle Dateneingaben und -weitergabe auskommt.
Die Integration des Assistenzsystems bei Stangl & Co. dauerte rund eineinhalb Jahre und ging mit der Neuorganisation der zerspanenden Fertigung einher. Es wurde beispielsweise eine Werkzeugdatenbank geschaffen sowie eine Werkzeugausgabe und -voreinstellung eingerichtet. Die Werkzeuge werden seither extern gerüstet und voreingestellt, um das Beladen der Maschine zu beschleunigen. „Früher betrugen die unproduktiven Nebenzeiten durch das Einspannen, Vermessen und Beladen der Werkzeuge pro Maschine und Schicht bis zu drei Stunden. Heute beladen wir alle 60 Maschinen in dieser Zeit, wobei pro Maschine etwa 3,6 Beladevorgänge in einer Schicht anfallen“, berichtet Florian Dürr. Im Zuge der kontinuierlichen Online-Kommunikation von Value-Facturing mit den NC-Maschinen findet auch ein ständiger Werkzeugabgleich statt. Er gibt Auskunft darüber, welche Werkzeuge in den einzelnen Anlagen vorhanden sind und welche für den nächsten Auftrag neu zu beladen sind. Durch diese Transparenz konnte Stangl & Co. trotz der großen Teilevielfalt die Rüstquote auf 63 Prozent senken und die Maschinenauslastung damit zusätzlich erhöhen. Bei rund 70 Prozent der für die Bearbeitung erforderlichen NC-Programme erfolgt die Programmierung von der Maschine entkoppelt an dafür eingerichteten Arbeitsplätzen. Das erstellte Programm wird automatisch online an die entsprechende NC-Maschine gesendet. Seitdem die NC-Fertigung durch die Softwarelösung verwaltet wird, wurden über 170.000 Einstellaufträge, davon 70.000 WOP und rund 45.000 NC-Programme abgearbeitet. „Um diese Anzahl von Aufträgen zu erledigen, wären bei unserer alten Arbeitsweise sicher 20 qualifizierte Mitarbeiter mehr erforderlich gewesen und die sind in der heutigen Zeit schwer zu finden“, schildert Stangl.
Durch den ständigen Werkzeugabgleich konnten die Rüstquote auf 63 Prozent gesenkt sowie Werkzeugvielfalt und -kosten deutlich gesenkt werden. (Bild: Maschinenfabrik Reinhausen GmbH)
Reduzierter Werkzeugbedarf und hohe Einsparungen
Auswirkungen hatte die Einführung von Value-Facturing auch auf die Werkzeugvielfalt und den Werkzeugumlauf. So erfolgte im Zuge der Strukturierung und Befüllung der Werkzeugdatenbank auch eine Standardisierung der Werkzeuge für die verschiedenen Bearbeitungen. Dies hat unter anderem dazu geführt, dass es keine Varianten des gleichen Werkzeugs von verschiedenen Herstellern mehr gibt. So konnten die Werkzeugvielfalt und die Anzahl der Lieferanten deutlich verringert und das Bestellwesen vereinfacht werden. Die Datenbank umfasst inzwischen rund 9.500 Werkzeugkomponenten und 30.000 Komplettwerkzeuge, die alle geometrisch und technologisch beschrieben sind. „Das Statistikportal von Value-Facturing informiert uns auch darüber, welche Werkzeuge wie häufig gebraucht werden. Wir können die entsprechenden Werkzeuge dadurch gleich in größeren Mengen bestellen, entsprechende Rabatte aushandeln und nach Bedarf bei unseren Lieferanten abrufen. Das summiert sich im Jahr zu beachtlichen Beträgen, die zu unserer Effizienzsteigerung von rund 70 Prozent beitragen“, berichtet der Geschäftsführer.
Auf dem Weg zur papierlosen Fabrik
Gesteuert wird die produktionsnahe Anwendung durch die Mitarbeiter der NC-Fertigung über aufgabenbezogene Oberflächen auf den Bildschirmen der jeweiligen Maschinen und Arbeitsplätze. Nachdem das Produktionsplanungs-System (PPS) den Auftrag für ein bestimmtes Werkstück erstellt hat, werden die jeweils an den verschiedenen Arbeitsplätzen erforderlichen Daten automatisch und papierlos zur Verfügung gestellt. „Dieser digitale Workflow reicht inzwischen über die Fertigung hinaus. So bestellen wir beispielsweise Sonderwerkzeuge ohne ein Blatt Papier auszudrucken und Teambesprechungen finden heute ohne ausgedruckte Papierlisten und Zeichnungen statt. Wir haben dafür in den Besprechungsräumen große Bildschirme installiert, auf denen die jeweiligen Werkstücke genau dargestellt und besprochen werden können“, erklärt Hans Stangl. Seit dem Projektstart 2009 hat das Unternehmen seinen Umsatz nahezu verdreifacht. Die Zahl der Mitarbeiter ist in dieser Zeit um 110 auf 253 Beschäftigte und die Ausstattung an CNC-Maschinen von 25 auf 60 gestiegen. „Wir haben unsere Produktivität in den letzten Jahren immens steigern können. Das Assistenzsystem hat daran sicher einen Anteil von 70 bis 75 Prozent. Wichtig sind aber nach wie vor qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, denn sonst nützt auch die beste Software nichts“, fasst Stangl zusammen.
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