Links: Prüfergebnis: Montage ist fehlerhaft. Rechts: Prüfergebnis: Montage ist in Ordnung. Bilder: Fraunhofer IFF

Pilotsystem entwickelt

Auf der Grundlage der modellbasierten Montageprüfung wurde ein Pilotsystem entwickelt und in die laufende Fertigung integriert, das alle montierten Anbauteile und Fügeverbindungen an Flugzeugrumpfschalen selbstständig prüft. Das System besteht aus einem 6-Achs-Industrieroboter auf einer Linearachse, der einen eigens entwickelten Sensorkopf trägt. Der Kopf ist mit Bildsensoren und 3D-messenden Sensoren ausgestattet und fährt automatisch mehrere tausend Prüfpositionen an der Rumpfschale ab, um alle Prüfmerkmale zu erfassen. Von allen Positionen erzeugt er hochauflösende Messdaten über den Montagezustand der realen Anbauteile. Die dafür benötigten Informationen entnimmt das System den 3D-CAD-Daten für die Rumpfschale. Sie geben das Soll-Ergebnis vor und beinhalten zugleich alle Koordinaten der Prüfpositionen.

Aus diesen Daten erstellt das System zugleich virtuelle Messdaten der Prüfmerkmale – in Form von synthetischen Bildern und 3D-Punktwolken. Jede Fügeverbindung und jedes einzelne Anbauteil ist darin exakt repräsentiert. Während der Prüfung überlagert das System die realen Messdaten mit den virtuellen Vorgaben. Bildausschnitt und Aufnahmewinkel berücksichtigt es automatisch. Passen die realen mit den synthetischen Daten zueinander, sind die darauf abgebildeten Bauteile also richtig montiert, markiert das System die Bauteile im Prüfprotokoll mit Grün als fehlerfrei. Findet es Unstimmigkeiten, werden sie Rot markiert, bei Unklarheiten Gelb.

Prüfsystem im Triebwerksbau

Fehler frühzeitig zu erkennen ist auch bei der Herstellung von Bauteilen für Flugzeugturbinen wichtig. Basierend auf ähnlichen Prinzipien der modellbasierten optischen Montageprüfung werden Turbinenzwischengehäuse – englisch: ‚Turbine Center Frame‘ (TCF) – geprüft. Montagefehler müssen für so ein sicherheitsrelevantes Bauteil unbedingt verhindert werden. Im Unterschied zur Montageprüfung im Flugzeugbau wurde hier ein handgeführter Prüfassistent entwickelt. Ein motorisiertes Handhabungssystem und ein externes Referenzmesssystem sind dadurch nicht erforderlich. Der Werker positioniert ein auf Rollen fahrbares C-förmiges Prüfsystem an einer ersten Stelle über das TCF-Modul, so dass es oben und unten ein Stück weit in das kegelförmige Modul hineinschaut. 14 Kameras und zwei dreidimensional messende Sensorsysteme auf der Grundlage des Messprinzips einer Streifenprojektion nehmen Bilder und 3D-Messdaten der Anbauteile aus verschiedenen Perspektiven auf und vergleichen diese mit den aus CAD-Modelldaten synthetisch generierten Prüfdaten.

Etwa fünf Sekunden dauert die Messdatenaufnahme, weitere fünf Sekunden die Auswertung pro Position. Ist die erste Position geschafft, dreht der Werker das TCF-Modul im Prüfsystem weiter auf die nächste vorgegebene Position, und das Prozedere beginnt erneut. Nach etwa fünf Minuten und zwölf Positionen ist das komplette TCF-Modul geprüft. Das optische System überprüft Vorhandensein, Richtigkeit und Lage von Anbauteilen sowie die korrekte Montage von Schraubverbindungen und Drahtsicherungen. Dabei werden pro TCF-Modul mehr als 500 verschiedene Bauteile überprüft. Fehler liegen meist in den vielen spezifischen Details des äußerlich nahezu rotationssymmetrischen Bauteils verborgen und sind bei einer manuellen Kontrolle teilweise schwer zu entdecken.

Digitale Prozessketten

Modellbasierte Technologiebausteine ermöglichen über durchgängige digitale Prozessketten eine hohe Flexibilität von optischen Prüfsystemen. Neue Anforderungen an das herzustellende Produkt werden zum Beispiel in Form von Änderungen am CAD-Modell dokumentiert. Diese Modellinformation ist Grundlage für alle weiteren Schritte in der Vorbereitung und Durchführung einer optischen Prüfung. Damit werden die Erstellung von Prüfprogrammen, die Bereitstellung von Soll-Informationen und die Durchführung eines Soll-/Ist-Vergleichs automatisiert. Änderungen am CAD-Modell führen automatisch zu einer Adaption des Prüfprozesses. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Einlernen von Soll-Zuständen, wie bei Prüftechnologien in Massenfertigungen oft üblich, nicht mehr erforderlich ist. Damit können die Prüftechnologien auch bei geringen Losgrößen wirtschaftlich eingesetzt werden.