3D-Druck und Markenrechte

Die dreidimensionale Gefahr?

Der 3D-Druck bietet zahlreiche neue Möglichkeiten für die Industrie. Denn so können nahezu alle Arten von Objekten kopiert und hergestellt werden. Der größte Nutzen ist sicherlich die Kostenersparnis. Gleichzeitig besteht jedoch auch ein großes Risiko für Markenhersteller durch Verletzung der Rechte an ihrem geistigen Eigentum: Sie brauchen eine Marken- und Design-Schutz-Strategie.




Bild: Thomson Compumark

Stellen Sie sich ein Szenario vor, in dem ein Unternehmen einen digitalen Produktentwurf – etwa ein Ersatzteil für eine Maschine – auf einer Web-Plattform zur Verfügung stellt. Kunden könnten einen bestimmten Entwurf und Hersteller auswählen und sich die Ware nach der Herstellung direkt nach Hause liefern lassen. Dies ist nur eine der vielen Möglichkeiten, die zukünftig mithilfe von dreidimensionalen Druckern wahr werden können. Egal wie futuristisch das klingen mag, dank moderner Technik rückt dieses Szenario immer näher.

Damit gestaltet der 3D-Druck die traditionellen Herstellungsprozesse vor allem in der Fertigung, wie auch in vielen anderen Branchen, vollständig um. Produkte, die bisher durch aufwendige Verfahren wie Metall-Stanzen oder Kunststoff-Spritzguss gefertigt wurden, können jetzt vergleichsweise schnell und einfach mithilfe eines 3D-Modells hergestellt werden. Einzelne Materialschichten werden Lage für Lage bis zum fertigen Produkt aufgetragen – die digitale 3D-Vorlage dafür wird mit einer speziellen Software kreiert. Schon bald wird man sehr komplexe und detaillierte Formen mit diesem einfachen System herstellen.

Kostenersparnis mit 3D-Druck

Die Kostenersparnis steht hier aktuell sicher im Vordergrund, etwa durch schnellere Markteinführungen. Zum Beispiel in der Produktion: Hier wäre üblicherweise der Weg vom Designentwurf hin zur Markteinführung lang und teuer. Sobald das Produkt fertig entwickelt ist, muss ein Prototyp hergestellt, optimiert und angepasst werden, um ihn in Einklang mit dem ursprünglichen Design oder den Rückschlüssen aus Testläufen zu bringen. In der Regel lagern Unternehmen diesen Prozess aus; nach ein paar Wochen und dementsprechend vorgenommenen Änderungen würde der ganze Vorgang dann wieder von neuem beginnen.

Prototypen intern herstellen

Mit dem 3D-Druckverfahren kann der Prototyp jedoch intern hergestellt, Veränderungen können kostengünstig und zeitnah vorgenommen werden. Das führt schließlich dazu, dass ein Produkt schnell und mit geringeren Kosten auf den Markt gebracht werden kann. Ein weiterer damit verbundener Vorteil ist die Tatsache, dass dieser Prozess intern bleibt. Dank 3D-Druck bleiben firmeneigene Designs und Marken im Unternehmen, was den ganzen Herstellungsprozess sicherer macht.

Große Auswirkungen auf Geschäftswelt

Die potenziellen Auswirkungen für die Geschäftswelt sind riesig. Laut der Studie ‘Wohlers Report 2014’ könnte die weltweite 3D-Industrie bis 2018 einen Umsatz von 11,5 Milliarden Euro generieren. Zwei Jahre später könnten es bereits 19 Milliarden Euro sein. Das anfängliche Wachstum wird von der Verfügbarkeit kostengünstiger 3D-Drucker und -Scannern getrieben: Spezielle Software oder Designer-Fähigkeiten für das Anfertigen von druckbaren Dateien sind dann nicht mehr nötig. Die Wachstumsimpulse für Sparten wie die Konsumgüterindustrie – jede Firma, die Ersatzteile anbietet, eingeschlossen – könnten erheblich sein. Damit schafft die Entwicklung beim 3D-Druck viele neue Möglichkeiten für die Industrie. Gleichzeitig besteht ein großes Risiko für Markenhersteller und deren Rechte an ihrem geistigen Eigentum. Denn durch den 3D-Druck können nahezu alle Arten von Objekten kopiert und hergestellt werden. Dies wirft Fragen bezüglich des Markenschutzes, des Urheberrechts, des Patentrechts – sowohl technische als auch Design-Patente – und des Veröffentlichungsrechts auf. Noch sind professionelle 3D-Drucker zu teuer für den Gebrauch zu Hause. Trotzdem könnten schon bald viele Anwender auf den Geschmack kommen. Und während einige Analysten große wirtschaftliche Vorteile durch den 3D-Druck vorhersagen, prognostiziert Gartner den Unternehmen bis 2018 einen jährlichen Schaden von 90 Milliarden Euro. Dieser entsteht, wenn Rechte an ihrem geistigen Eigentum verletzt werden. So stellen stationäre Shops, bei denen Kunden ihre eigenen Designs kreieren und in 3D drucken lassen, eine potenzielle Gefahr für Markeninhaber dar.



Wenn in Zukunft 3D-Druck auch für den privaten Gebrauch erschwinglich sein sollte, könnte daraus ein Problem für die Markenhersteller erwachsen.Bild: ©Wire_man/Fotolia.com


Designs können online hochgeladen werden

Auch online könnten Verbraucher ihre 3D-Entwürfe zukünftig hochladen und drucken lassen. Zudem gibt es eine Reihe von Tausch-Plattformen im Netz, auf denen digitale Inhalte wie etwa Muster-Dateien für 3D-Druck angeboten werden – anonym versteht sich. Unternehmen müssen das Bedrohungspotenzial für Markenrechtsverletzungen realistisch einschätzen. Besonders gefährdet sind Produkte mit bekannten Markennamen und -formen wie beispielsweise Zubehör für Smartphones. Das bedeutet für Markeninhaber: Es werden Produkte hergestellt, die ihre Firmenzeichen tragen, aber weder den eigenen hohen Qualitätsansprüchen genügen, noch den Erwartungen der Verbraucher entsprechen. Die negative Wirkung, die dies auf die Reputation einer Marke, das Image des Herstellers und das Kundenvertrauen haben könnte, ist gewaltig.

Die Spitze des Eisberges

Doch diese Beispiele sind nur die Spitze des Eisbergs. Einfach nachzuahmende Urheber- und Lizenzprodukte können durch den 3D-Druck ebenso betroffen sein, wie Funktions- und Design-Patente. Sogar urheberrechtlich geschützte Merkmale berühmter Personen können durch den dreidimensionalen Druck verletzt werden. Doch wie können Markeninhaber sich gegen das Gefahrenpotential des 3D-Drucks schützen? Ein erster Schritt wäre es, das Potential der 3D-Technologie besser zu verstehen. Die Geräte verfügen über ein hohes Maß an Komplexität und Funktionalität, deren Einfluss die Unternehmen erst vollständig begreifen müssen. Ein Ansatzpunkt ist es auch, eine interne Task-Force zu bilden, die prüft, inwiefern 3D-Druck dem Unternehmen helfen oder schaden kann. Unternehmen können online nach bereits bestehenden Verstößen und Fälschungen suchen und rechtlich gegen diese vorgehen.

Alternativ können Unternehmen andersherum vorgehen, also auf diejenigen abzielen, die die Dateien ins Netz stellen, welche anschließend benutzt werden, um die Produkte mit 3-D-Druckern zu erstellen. Markeninhaber können auch versuchen, die 3D-Drucker-Hersteller direkt anzugehen. Jedoch ist es hier meist schwierig nachzuweisen, dass Markenrechtsverletzungen bewusst getätigt wurden. Unternehmen sollten jedoch zukunftsorientiert handeln, indem sie den 3D-Druck als Chance auffassen und daraus neue Distributions- und Markenbindungs-Strategien entwickeln. So könnten sie autorisierte Design-Dateien auf der Unternehmensseite anbieten. Die Kunden können dann die Datei kaufen und das Produkt mithilfe ihres 3D-Druckers selbst erstellen. Einige große Markenhersteller haben damit bereits begonnen. Wenn diese ersten Schritte erfolgreich verlaufen, kann es sich für andere Markeninhaber lohnen auf den Zug aufzuspringen und ihre eigenen innovativen Marketing- und Distributions-Strategien zu präsentieren.







  • Lohnt sich ein Retrofit?

    Oft ist unklar, ob es sich lohnt, ältere Maschinen mit neuen Sensoren auszustatten. Im Projekt ‚DiReProFit‘ wollen Forschende dieses Problem mit künstlicher…


  • Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise

    Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen…


  • MVTec eröffnet Niederlassung in Taiwan

    Bereits seit 2020 unterhält MVTec ein Vertriebsbüro in Taiwan. Dieses wertet der Bildverarbeitungsspezialist nun zu einer eigenen Niederlassung, der MVTec Taiwan, auf.


  • Ein Stück näher am Quanteninternet

    Das Quanteninternet verspricht signifikante Verbesserungen in verschiedenen technologischen Schlüsselbereichen. Um dieses jedoch im bestehenden Glaserfasernetz zu realisieren, sind Quantenfrequenzkonverter nötig, die die…


  • MES-Integrator und 360-Grad-Partner für optimierte Fertigung

    Das Manufacturing Execution System (MES) HYDRA optimiert Produktionsprozesse für Fertigungsunternehmen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen.