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China-Serialisierung in Doppelschichten

Serialisieren mit Chinacode – als einer der ersten Hersteller pflanzlicher Arzneimittel bundesweit hat Schaper und Brümmer aus Salzgitter eine seiner Verpackungslinien für den chinesischen Markt umgerüstet. Herzstück der erweiterten Anlage: eine Steuerungssoftware von Atlantic Zeiser.

Bild: Atlantic Zeiser GmbH
Bild: Atlantic Zeiser GmbH

Was seit 2013 für bestimmte Arzneimittel stufenweise eingeführt wurde, gilt mittlerweile für alle auf dem chinesischen Markt vertriebenen Medikamente: Sie müssen mit dem sogenannten Chinacode, dem Electronic Drug Monitoring Code (EDMC), versehen sein. Das Codiersystem schreibt Serialisierung und Aggregation vor und gewährleistet auf diese Weise Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Lieferkette – und damit die Arzneimittelsicherheit. Die Anforderungen für den China-Code greifen tief in bestehende Prozesse der Unternehmen ein und stellen in der Umsetzung keine leichte Aufgabe dar. Vor diese Herausforderung sahen sich auch die Verantwortlichen bei Schaper und Brümmer gestellt, die eine erste Pilot-Linie von insgesamt acht Verpackungslinien umgerüstet haben. „Die China-Serialisierung war für uns eine ebenso neue wie wichtige Zukunftsinvestition. Insbesondere durch die anpassungsfähige Software-Lösung von Atlantic Zeiser sind wir auch künftig sich ändernden und neuen Anforderungen gewachsen und sichern so unsere Marktposition“, sagt Dr. Martin Tegtmeier, Herstellungsleiter bei Schaper und Brümmer.

China ist wichtiger Export-Markt

Das niedersächsische Familienunternehmen exportiert seine pflanzlichen Therapeutika in mehr als 40 Nationen und erzielt 45 Prozent seines Gesamtumsatzes im Auslandsgeschäft. China, für das es bereits 1994 als eines der ersten westlichen Phytopharmaka-Hersteller eine Arzneimittelregistrierung erhalten hatte, hat sich mittlerweile zu einem der wichtigsten Auslandsmärkte entwickelt – unter anderem für den Erkältungsverkürzer Esberitox sowie das Wechseljahrespräparat Remifimin. „Um den chinesischen Markt auch nach dem 1. Januar 2016 bedienen zu können, mussten wir 2015 mit der Produktion beginnen. Ein Verpackungsdienstleister kam für uns aufgrund mangelnder freier Kapazitäten für die von uns erforderlichen hohen Losgrößen nicht in Frage. Deshalb haben wir uns für die Investition in die Umrüstung einer bestehenden Verpackungslinie entschieden – mit einem Gesamtvolumen im oberen sechsstelligen Bereich mit Projektstart im Januar 2014“, erinnert sich Tegtmeier.

Prozess- und Bedarfsanalyse

Um ein erstes Anlagenkonzept zu erstellen, setzte sich ein interdisziplinäres Team aus IT-, Produktions-, Einkaufs- und Vertriebsspezialisten sowie arzneimittelrechtlich Verantwortlichen mit den grundlegenden Fragestellungen auseinander. Es galt, die tatsächlichen Bedarfe zu ermitteln, bestehende und geplante Prozesse zu analysieren und auf dieser Basis die Gesamtanlageneffektivität zu ermitteln mit dem Fokus auf der angestrebten Verfügbarkeit, Leistung und Qualität der zu realisierenden Anlage. Parallel dazu eignete sich das Projektteam relevantes Fachwissen zum Thema China-Serialisierung an, zu entsprechenden Codier- und Kameratechnologien, manipulationssicheren Verpackungen und IT-Fragen. Zusammengeführt wurde dies in den User Requirement Specifications (URS), die festlegen, welche Anforderungen von externen Leistungen und Lieferanten zu erfüllen und welche innerbetrieblichen Erfordernisse zu gewährleisten sind – dies jeweils bezogen auf den Normalfall sowie Sonder- und Störsituationen. Der Vorteil der Vorgehensweise mit eigenem Projektteam: „Zum einen konnten wir während der Umsetzungsphase informierte und damit bessere Entscheidungen treffen. Darüber hinaus halten wir als arzneimittelrechtlich Verantwortliche auch nach Projektabschluss relevantes Wissen im Haus vor und können bei Bedarf entsprechend agieren“, sagt Tegtmeier.

Umrüstung der Linie

Die bestehende Verpackungslinie wurde mit einer Track und Trace-Unit ausgerüstet, welche die Einzelverpackungen serialisiert, die Codes überprüft und unbrauchbare Verpackungen – etwa aufgrund mangelnder Druckqualität – automatisch ausschleust. Zusätzlich wurde ein Case Packer als weitere Hardware-Komponente in die Verpackungslinie integriert, der die zuvor gebündelten Einzelverpackungen in Umkartons packt und die Codes der Einzelverpackungen mit einem Kamerasystem erfasst. Anschließend wird ein Aggregationscode gedruckt und auf den Umkarton automatisch aufgebracht. Die Aggregation auf Palettenebene erfolgt manuell. Die neuen Hardwarekomponenten unterschiedlicher Drittanbieter werden von einer übergeordneten Software angesteuert, die auditsichere Generierung, das Drucken, Verwalten und Generieren der Serialisierungscodes gewährleistet – eine Aufgabe, die von Atlantic Zeiser mit seiner speziellen Serialisierungssoftware Medtracker adäquat gelöst werden konnte. „Wir haben eine Hochleistungslinie umgerüstet, die auf 240 Verpackungen je Minute getaktet ist, das sind vier Verpackungen je Sekunde. Die benötigte Steuerungssoftware musste also dazu in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit sehr große Datenmengen zu verarbeiten. Hinzu kommt, dass Hardware-Komponenten verschiedener Drittanbieter in das Anlagenkonzept zu integrieren waren“, sagt Tegtmeier.

Bild: Atlantic Zeiser GmbH
Die für die China-Serialisierung umgerüstete Hochleistungsverpackungslinie bei Schaper und Brümmer ist 35 Meter lang. (Bild: Atlantic Zeiser GmbH)

Modulare Software-Lösung

Die Software-Lösung Medtracker von Atlantic Zeiser ist modular aufgebaut, einfach in bestehende oder neue Anlagen zu implementieren und gewährleistet ein flexibles und auditsicheres Generieren, Verteilen, Drucken, Aggregieren und Nachverfolgen von Codes für alle geltenden internationalen Rechtsvorschriften – samt Nach- und Rückverfolgung von E-Pedigree-Anwendungen, wie es etwa für die USA gefordert ist. Ändert sich das Anforderungsspektrum, kann die Software problemlos angepasst werden. Auf diese Weise können – bei entsprechender Konfiguration – die Anforderungen verschiedener Märkte abgedeckt werden, aber auch künftige, bislang unbekannte Anforderungen einfach implementiert werden – ohne dass dafür eine neue Software anzuschaffen wäre. Darüber hinaus erlaubt der modulare Aufbau des Medtracker von Atlantic Zeiser ein Track und Trace über Teile von Linien, ganze Linien, Produktionsstätten oder auch das gesamte Unternehmen – insgesamt also eine Lösung, die mit den an sie gestellten Anforderungen mitwächst und zukunftssicher ist. „Auch dies war für uns ein wichtiger Aspekt bei der Entscheidung für die Medtracker-Lösung. Denn neben der China-Serialisierung werden zurzeit überall auf der Welt ähnliche Vorhaben initiiert und umgesetzt. Angesichts der Tatsache, dass wir in mehr als 40 Länder exportieren, werden wir uns sicher auf weitere Vorgaben in unseren Zielmärkten einstellen müssen. Vom delegierten Rechtsakt zur EU-Fälschungsrichtlinie, der in den kommenden Jahren in nationales Recht umzusetzen ist, sind wir als Hersteller nicht verschreibungspflichtiger Medikamente zwar noch ausgenommen. Perspektivisch wird das Thema aber sicher auch auf uns zukommen. Mit der Medtracker -Lösung von Atlantic Zeiser sind wir darauf schon jetzt vorbereitet“, sagt Tegtmeier.

Auf große Resonanz gestoßen

Seine Projekterfahrungen hat Schaper und Brümmer im Rahmen seines Engagements im Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) mit Sitz in Bonn anderen an der China-Serialisierung interessierten Pharma-Unternehmen präsentiert und die umgerüstete Verpackungslinie in Salzgitter beispielhaft vorgeführt. „Aufgrund der Komplexität der Anforderungen, die mit höchst individuellen unternehmensspezifischen Bedürfnissen zusammengeführt werden müssen, ist eine möglichst frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema sehr empfehlenswert“, meint Tegtmeier rückblickend. Mehrfach sei er bereits angesprochen worden, ob das niedersächsische Unternehmen für andere Hersteller im Auftrag serialisieren könne. Doch zurzeit läuft die eigene Produktion für China in Doppelschichten auf Hochtouren. Unabhängig davon denken die Verantwortlichen bei Schaper und Brümmer über die Umrüstung einer weiteren Verpackungslinie nach.





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