Auch wenn in Produktentwicklung und Produktion oft ausgereifte Softwaresysteme eingesetzt werden – in den dazwischen liegenden Bereichen des Digital Manufacturing herrschen oft noch Insellösungen vor. Quelle: Klauke

Planungsvorteile durch Methodenkompetenz

Diesen Aufgaben widmet sich der der zweite Projektabschnitt. Anfang 2011 begann die Projektgruppe, mögliche Methoden für jede Planungsaktivität zusammenzutragen, um auf dieser Basis Best-Practice-Lösungen vorzuschlagen. Als Quelle nutzt der Verein unter anderem Produktionssysteme, deren Methoden und Prinzipien zur Optimierung von Fertigungsprozessen dienen, wie etwa das von Toyota.

Was strukturiertes Vorgehen leisten kann, zeigt ein Beispiel: Ein einfacher Arbeitsplan mit Dreh-, Bohr- und Fräsfunktionen kann schnell durch ‚copy and paste‘ aus vorhandenen, ähnlichen Plänen zusammengestellt werden. Wenn jedoch schon während des Entwicklungsprozesses Methoden wie ‚design for manufacturing‘ in interdisziplinären Workshops berücksichtigt werden, können im Vorfeld kostengünstige Fertigungsverfahren gefunden werden. So entsteht schon früh ein Vorab-Arbeitsplan, auf dessen Basis erste Investitionen geplant werden können.

Ähnliches gilt für das ‚design for assembly‘, in dem bereits während der Kostruktionsphase Montagevorgänge betrachtet werden. Auch den Materialfluss gilt es in diesem Planungsschritt zu simulieren: Wie muss eine Linie aufgestellt werden? Wie stark wird sie frequentiert oder kann sie auch noch durch andere Produkte ausgelastet werden? Nur auf der Basis effektiver Planungsmethoden lassen sich später hohe Investitionsvolumina, wie sie etwa für Fertigungs- oder Montageanlagen nötig sind, auch rechtfertigen.

Werkzeuge für umfassende Prozessbetrachtung

Die Suche nach der optimalen Methode war für den Automobilhersteller Daimler eines der Hauptmotive, sich an der Gründung der Projektgruppe zu beteiligen und als Industriepate das Projekt zu unterstützen, obwohl das Unternehmen bereits mit eigenen Planungsinstrumenten arbeitet. „Wir wissen natürlich, dass damit nicht überall der Stein der Weisen schon gefunden ist. Wo gibt es Planungsaktivitäten und Methoden, die noch zu entdecken beziehungsweise verbessern sind?“, erläutert Riegmann. „Wir haben deshalb in der Projektgruppe zuerst alle für eine Planungsaktivität möglichen Methoden zusammengeführt. Solch eine umfassende Betrachtung gab es bisher noch nicht.“

Produktionsplaner will die Projektgruppe dabei unterstützen, je nach Bedeutung oder Umfang ihrer Aufgabenstellung die geeignete Vorgehensweise auszuwählen. Dazu ordnet beispielsweise ein Montageablaufplan oder ‚assembly priority chart‘ alle notwendigen Montageschritte in einer logischen Reihenfolge. Zur Erstellung dieser Übersicht bieten sich bei komplexen Problemen sowohl interdisziplinäre Workshops wie auch Zerlegungs- beziehungsweise Zusammenbau-Untersuchungen mithilfe eines ‚digital mockup‘ an. Solche standardisierten Methode lassen sich auch bei anderen Planungsaktivitäten einsetzen. Interdisziplinäre Workshops etwa eigenen sich auch für die Erstellung von Fertigungskonzepten oder die Ermittlung des Platzbedarfs bei einer Layoutplanung. „Die Zielsetzungen und die Teilnehmer dieser Workshops sind dabei natürlich nicht immer identisch – die Gestaltung und Durchführung schon“, berichtet Tobias Riegmann. Zudem sinke durch den Einsatz standardisierter Methoden die Einarbeitungszeit.

Forderung nach standardisierten Schnittstellen

Mit der dritten Phase hat sich die Projektgruppe für das Jahr 2012 die Bewertung von auf dem Markt erhältlichen Software-Werkzeugen auf die Agenda gesetzt. Entlang des gesamten Planungsprozesses sollen so Lücken der IT-Unterstützung identifiziert werden, als Bewertungsgrundlage dient die Qualität der Schnittstellen zwischen Unternehmensprozessen. Daran arbeiten in der Projektgruppe unter anderem Siemens PLM und Dassault Systèmes. Als Ergebnis aus der Projektarbeit will der Verein ein Rahmenwerk für Systemanbieter liefern, das die Entwicklung neuer Software und Systemerweiterungen unterstützt.

Dabei stehen das Abbilden von Planungsprozessen beziehungsweise Best-Practice-Methoden im Vordergrund. Denn obwohl viele Softwarehäuser Lösungen aus einer Hand anbieten schätzt Macke, dass Unternehmen in der Praxis zuerst ihre vorhandene Softwarelandschaft nutzen und nach der Bedarfsermittlung eher einzelne Module einführen. Daher sollten Softwarehersteller standardisierte Schnittstellen entwickeln, um die Aufwand von Neuprogrammierung etwa bei Software-Updates zu vermeiden. Die Entwicklung eines durchgängigen Referenzprozesses und damit die Standardisierung aller Abläufe und Methoden soll Systemanbietern den Bedarf nach Standardlösungen aufzeigen. Denn erst eine einheitliche Schnittstellenlandschaft gestattet Serienfertigern, den Bereich des Digital Manufacturing in Zukunft mit geeigneten IT-Werkzeugen durchgängig zu gestalten.