Modellhafte Planung

Auf dem Weg zum Null-Energie-Logistikzentrum

Anhand eines beispielhaften Logistikzentrums mit temperaturgeführtem Lager, Bürotrakt für 50 Personen, automatischem Hochregallager und AKL sowie komplexen Förderanlagen untersuchten Ulmer Logistikplaner die Effektivität und Finanzierbarkeit aktueller Methoden der Energievermeidung und Energieerzeugung. Rund 74 Prozent Energieeinsparung bei einer Mehrinvestition von fünf bis zehn Prozent zeigt dabei der Einsatz eines aktuellen Planungsmodells der IWL AG und der Hochschule Neu-Ulm auf.

Bild: IWL

Erklärtes Ziel des Warehouse-Projekts der IWL AG und der Hochschule Neu-Ulm war die Entwicklung eines Null-Energie-Logistikzentrums unter Berücksichtigung konkreter Kundenanforderungen wie etwa einer temperaturgeführte Lagerung und automatisierte Lagereinheiten. Zusätzlich sollten sich die Mehrkosten für die verschiedenen energieeffizienten Technologien noch innerhalb ihrer Lebensdauer amortisieren. Ein Logistikzentrum, das sämtliche benötigte Energie auch selbst erzeugt, konnte unter dieser Prämisse allerdings nicht erzielt werden und wäre heute nur bei Lagern mit einem geringen Automatisierungsgrad umsetzbar.

Dennoch überzeugen die Ergebnisse des Planungsmodells: Durch verschiedene Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs sowie zur Energieerzeugung und Verbesserung der Energienutzung konnte der Energieverbrauch im Vergleich zu einem konventionell geplanten Logistikzentrum mit gleicher Ausstattung um bis zu drei Viertel gesenkt werden. Die Investitionssumme erhöht sich hierbei lediglich um fünf bis zehn Prozent. Diese Mehrkosten sind aufgrund der hohen Einsparungen im laufenden Betrieb und des zu erwartenden Imagegewinns aus Unternehmenssicht durchaus argumentierbar.

Energieeinsparung und Rückgewinnung

Die größte Quelle zur Energiegewinnung im Logistiklager liegt auf der Hand: Der Energieverbrauch muss reduziert und frei werdende Energien zurückgewonnen werden. So kann etwa bei Regalbediengeräten (RGB) die beim Absenken der Last erzeugte kinetische Energie in elektrische umgewandelt und entweder direkt genutzt oder ins Netz eingespeist werden. Zudem bietet sich insbesondere bei einem Maschinenverbund mit Antrieben, die häufig starten und stoppen, eine Zwischenkreiskopplung an. Dabei werden die Gleichstromzwischenkreise der Umrichter mehrerer Geräte zusammengeschaltet und generatorische Energie erzeugt.

Alleine durch diese Maßnahmen wird der errechnete Energieverbrauch für die insgesamt 16 Regalbediengeräte des geplanten Hochregallagers mit rund 13.000 Palettenstellplätzen und des automatischen Kleinteilelagers mit etwa 18.000 Behältern drastisch reduziert. Deutliche Einsparmöglichkeiten ergeben sich auch durch eine effektive Lagersteuerung: Unterbindet man etwa die zeitgleiche Anfahrt mehrerer RGB, werden Leistungsspitzen im Stromverbrauch geglättet.

In dem manuell betriebenen Hochraumlager mit einer Lagerfläche von 2.450 Quadratmetern spielt die Beleuchtung eine entscheidende Rolle. Deutliche Effekte werden dort beispielsweise durch Präsenzmelder erreicht, die gewährleisten, dass Licht nur dort brennt, wo es benötigt wird. Zudem wird die Lichtmenge mithilfe von Tageslichtsensoren den aktuellen Gegebenheiten flexibel angepasst. Im Bereich der Plattenförderanlage (PFA) sowie der Behälterförderanlage (BFA) sorgen reibungsarme Bänder und Rollen sowie Gurte mit einer permanenten Gleitschicht an der Unterseite für eine Verringerung der Reibung. Das führt zu Energieeinsparungen zwischen 25 und 40 Prozent.

Für den Antrieb der Förderfahrzeuge wäre beispielsweise der Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien denkbar, allerdings ist hierfür noch keine serienreife Lösung für alle Gerätetypen am Markt erhältlich. Der gesamte Materialfluss profitiert zudem durch den Einsatz zeitgemäßer, energieeffizienter Antriebe und wegeoptimierten Ein- und Auslagerstrategien und einer Verringerung des Stand-By-Verbrauchs der Anlagen. In der Summe erzielt das Unternehmen durch den Einsatz verschiedenster Methoden eine Reduzierung des Energieverbrauchs in diesem Beispiel-Logistikzentrum des Logistik-Spezialisten um 35 Prozent.