Mit Transparenz zur schnelleren Time-to-Market

„Nur Premiumprozesse schaffen Premiumprodukte“

Mit einem funktionierenden Produktentstehungsprozess sind fertigende Unternehmen in der Lage, schon in der Akquisitionsphase eines Projektes die Kunden umfassend zufrieden zu stellen. Renditepotenziale können so bestmöglich ausgeschöpft und Termine gehalten werden. Weist das Konzept des Produktentstehungsprozesses jedoch Lücken auf, kann das zu Zeitverzug, steigenden Kosten und überlasteten Mitarbeitern führen. Durch die Einführung eines transparenten, effizienten und vor allem gelebten Produktentstehungsprozesses werden die Voraussetzungen geschaffen, um Neuproduktprojekte im Rahmen definierter Zielparameter abzuwickeln. Für die vollumfängliche und nachhaltige Integration in die Organisation ist darüber hinaus die Verankerung eines Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, regelmäßige Auffrischungs-Schulungen und die Aufmerksamkeit des Managements erforderlich.



Bild: Time2 Business Consulting GmbH

Für die Zulieferindustrie stellt die zunehmende Komplexität ihrer Produkte aufgrund höherer Kundenanforderungen, steigender Varianz und hohem Aufwand für die einwandfreie Integration in das Kundenprojekt immer höhere Anforderungen an ihre Entwicklung. Um die Effizienz der Zusammenarbeit der Experten aus den verschiedenen Fachbereichen auch zukünftig gewährleisten zu können, wird ein klar definierter, transparenter, aber auch ausreichend flexibler Produktentstehungsprozess (PEP) benötigt. Unternehmen, die das nicht haben, sehen sich häufig mit der Situation konfrontiert, dass Kundenentwicklungsprojekte, die in der Akquisitions- und Planungsphase noch rentabel erschienen, sich im Nachhinein als Verlustgeschäft entpuppen. Qualitäts-, Kosten- und Terminprobleme häufen sich und regelmäßig misslingen Start of Production (SOP) und Serienhochlauf.

Mangelnde Implementierung

Oft wirken Mitarbeiter überlastet; es herrscht Bereichsdenken vor und Arbeitsergebnisse werden nur ‘über den Zaun geworfen’. In allen zertifizierten Unternehmen existiert ein dokumentierter Produktentstehungsprozess. Es mangelt jedoch häufig an der Implementierung in die Unternehmensorganisation und einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP). Ein funktionierender PEP bindet alle beteiligten Bereiche von Anfang an ein, ordnet Aufgaben unmissverständlich und lückenlos zu und hat vollständig beschriebene Meilensteine mit eindeutigen Vorgaben bezüglich der Arbeitsergebnisse. Er beschreibt die Interaktion der projektbeteiligten Bereiche, ist die Grundlage für Simultaneous Engineering und Voraussetzung für das Erreichen der Kosten- und Terminziele. Agiert beispielsweise der Vertrieb isoliert, fehlen für die Angebotserstellung oft wichtige Informationen, was zu Fehlentscheidungen führt und letztendlich die Umsetzung der Projekte zu den kalkulierten Kosten unmöglich macht. Mit der Einbindung aller relevanten Bereiche und zwar schon in der Akquisitionsphase eines Kundenprojektes, ist ein Unternehmen in der Lage, seine Kunden umfassend zufrieden zu stellen und dabei das Renditepotenzial auszuschöpfen. Lücken im PEP, beispielsweise für Iterationsschleifen, führen zu Terminverzügen, steigenden Kosten und Überlastung einzelner Mitarbeiter oder ganzer Teams. Resultierende Konflikte, Motivationsmangel in der Belegschaft bis hin zur Resignation, hoher Krankenstand und überdurchschnittliche Mitarbeiterfluktuation belasten den Unternehmenserfolg.

Prozess- und Organisationsanalyse

Zu Beginn eines jeden Business Process Reengineering-Projektes steht die Durchführung einer Prozess- und Organisationsanalyse, um die Ist-Prozesse aufzunehmen und die damit verbundenen Schwachstellen aufzuzeigen. Diese Analyse erfolgt durch Prozessaufnahmen im Rahmen von Interviews und Workshops mit allen beteiligten Fachbereichen sowie durch Sichtung der entsprechenden Dokumentation im – sofern vorhanden – Qualitätsmanagement-System. Es ist es wichtig, dass im Rahmen der Analyse die Aufnahme der Ist-Prozesse anhand realer Projekte erfolgt. Die im QM-System beschriebenen Soll-Prozesse können für einen Soll-Ist-Abgleich berücksichtigt werden. Im Kontext mit den eingangs beschriebenen Problemen zeigen sich in aller Regel folgende Schwachstellen:

  • Unzureichende Projektdefinition zum Start eines Neuproduktprojektes
  • Intransparenz über den Projektfortschritt
  • Zielabweichungen werden nicht rechtzeitig erkannt, da Reviews nicht oder zu spät durchgeführt werden
  • Beschaffungs- und Industrialisierungsaktivitäten werden zu spät gestartet
  • Aufgaben und Verantwortlichkeiten sind nicht ausreichend definiert

 

Kompetente Mitarbeiter für das Redesign festlegen

Spätestens zum Start der Redesignphase muss aus jedem Fachbereich ein kompetenter Mitarbeiter für das Projektteam festgelegt werden. Im ersten gemeinsamen Schritt erfolgt die Abgrenzung des PEP zu den vor- und nachgelagerten Prozessen, zu Innovationsprozess und Serienbetreuung. Als Startpunkt für den PEP ist es sinnvoll den Eingang einer konkreten Kundenanfrage zu definieren. Die vollständige Erreichung der Serienreife mit Übergabe des Projektes an die Produktion stellt meist das Ende des Prozesses dar. Unternehmensspezifisch sind auch alternative Start- und Enddefinitionen möglich. So ist es bei organisatorischer Trennung des Entwicklungsbereiches sinnvoll die Übergabe des konzepttauglichen Produktes von der Vor- an die Serienentwicklung als Startpunkt für den PEP festzulegen.

Das Stage-Gate-Modell von Robert G. Cooper

Der Autor Peter Krischel ist Geschäftsführer der Time2 Business Consulting GmbH.

Als gängiges Prozessmodell für die Innovations- und Produktentwicklung hat sich das Stage-Gate-Modell von Robert G. Cooper durchgesetzt. Dabei wird der Gesamtprozess in mehrere einzelne Abschnitte unterteilt, die von sogenannten Toren abgeschlossen werden. Die wesentliche Stärke des Stage-Gate-Prozesses liegt darin, dass zum Durchschreiten der Gates die Aufmerksamkeit aller Verantwortlichen gezielt auf die Qualität gelenkt wird und dabei eine hohe Transparenz über alle notwendigen Prozessschritte herrscht. Ein weiterer Vorteil ist, dass die einzelnen Abschnitte idealtypischer Weise so gestaltet werden, dass eine Vielzahl von Aktivitäten von Mitarbeitern aus den verschiedenen Funktionsbereichen parallel bearbeitet werden können und dadurch Simultaneous Engineering ermöglicht wird. In der Praxis haben sich fünf bis sieben Phasen etabliert, je nach Komplexität und Dauer der Produktentstehung. Um die beschriebenen Vorteile des Stage-Gate-Prozesses in Bezug auf Transparenz und Qualität tatsächlich voll auszuschöpfen muss das Projektteam einen besonderen Fokus darauflegen, dass für jede Projektphase alle wesentlichen Aktivitäten und Ergebnisse definiert werden und eindeutig Verantwortlichen und Kunden zugeordnet werden. Diese Tasks werden anschließend in Checklisten überführt. Für jedes Gate wird eine Checkliste mit Beschreibung der Aktion, der Eingangsgrößen, der Ergebnisse, der Kunden und der Lieferanten erstellt. Die große Herausforderung dabei ist die exakte Abstimmung mit den beteiligten Fachbereichen, zu welchem Zeitpunkt welche Informationen und Ergebnisse durch wen erbracht werden müssen. Dies erfordert einen hohen zeitlichen Aufwand, weshalb es wichtig ist, sich auf die wesentlichen Aktivitäten zu beschränken.

Visualisierung in drei Ebenen

Zur transparenten Visualisierung des gesamten Phasenablaufs ist die Darstellung des neuen PEP in drei Ebenen sinnvoll. Die erste Ebene gibt dabei einen groben Überblick über die Phasen und wichtigsten Inhalte. Die zweite Ebene, der Prozessmasterplan, zeigt die Teilprozesse pro Bereich und Phase und mit einer dritten Ebene werden die Hauptergebnisse pro Funktion und Phase aufgezeigt. Empfehlenswert ist es darüber hinaus für alle Mitarbeiter einen PEP-Flyer zu erstellen, der die Phasen ausführlich beschreibt und analog zu den Checklisten die Aktivitäten, Eingangsgrößen, Ergebnisse und Verantwortlichen übersichtlich aufzeigt.

Pilotierte Einführung

Für den Rollout des neuen PEP hat es sich bewährt, eine pilotierte Einführung im Rahmen von ausgewählten Neuproduktprojekten zu wählen. Diese Implementierungsform ermöglicht am besten die Flankierung durch einen KVP, um dem PEP und einzelnen Teilprozessen den letzten Feinschliff zu geben. Voraussetzung für den Erfolg der Einführung von solch elementaren Geschäftsprozessen wie dem PEP sind jedoch die intensive Schulung aller betroffenen Mitarbeiter, das Coaching ausgewählter Super-User als Multiplikatoren und allgemeine Projektmarketing-Maßnahmen um das Unternehmen ausreichend auf den neuen Prozess vorzubereiten. Nur durch intensives Change Management und den starken Rückhalt durch die Unternehmensleitung kann eine hohe Akzeptanz und Verbindlichkeit für den neuen PEP im Unternehmen erreicht werden.