Sparmaßnahmen im Vergleich: Organisatorische Maßnahmen versprechen schnelle Umsetzung bei niedrigen Kosten – und empfehlen sich damit als erster Schritt hin zu einem umfassenden Energiemanagement im Betrieb. Bild: Grean GmbH

Sensibilisierung und Einbeziehung der Mitarbeiter

Weitere wenig kapitalintensive Potenziale lassen sich durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Energieeinsparprozess erschließen. Voraussetzung hierzu ist zunächst eine Sensibilisierung im Hinblick auf die Relevanz der Thematik. Die grundsätzliche Bereitschaft der Mitarbeiter zur Senkung der Energiekosten kann in den meisten Unternehmen als sehr hoch eingestuft werden, solange entsprechende Maßnahmen mit keinem Komfortverlust verbunden sind. Leider wird ein hoher Energieverbrauch jedoch nur selten als problematisch wahrgenommen. Zusätzlich lassen sich aufgrund fehlender Transparenz zumeist keine Aussagen über Kostentreiber sowie die Entwicklung des Verbrauchs treffen. Zwingende Voraussetzung ist somit immer auch eine verbrauchsorientierte Zurechnung der Energienutzung zu einzelnen Anlagen. Alternativ können die Verbräuche einzelner Anlagen über Lastganganalysen aufgenommen werden.

Ist dies nicht möglich, so sollte in einem ersten Schritt zumindest eine Aufschlüsselung der Verbräuche nach einzelnen Unternehmensbereichen oder Gebäuden erfolgen. Zur Einbindung der Mitarbeiter in einen nachhaltigen Energiesparprozess hat sich in der Praxis insbesondere die Nutzung einzelner Lean-Methoden als sehr erfolgreich erwiesen. So bieten etwa auf Energiethemen fokussierte ‚Muda-walks‘ die Möglichkeit, mit Mitarbeitern bestehende Potenziale einzelner Bereiche oder Anlagen zunächst zu identifizieren und in einem nachgelagerten Schritt etwa über die Einsteuerung in einen KVP-Prozess zu erschließen.

In der Praxis erweisen sich insbesondere Maßnahmen als nachhaltig, die von den Mitarbeitern erarbeitet und umgesetzt werden können. Dies gilt vor allem dann, wenn entsprechende Maßnahmen ein geändertes Nutzungsverhalten voraussetzen. So konnten bei einem mittelständischen Produktionsunternehmen im Rahmen eines eintägigen Workshops mit acht Mitarbeitern in einem stark abgegrenzten Produktionsbereich über 60 Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs identifiziert werden. Davon ließen sich über die Hälfte der Maßnahmen mit einem geringen Aufwand umsetzen und das bei einer teilweise sehr hohen Wirkung. Etwa über die Reduktion von Stand-by-Verlusten einzelner Produktionsanlagen ließen sich die Energiekosten pro Jahr um knapp 15.000 Euro reduzieren; das entsprach mehr als elf Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Darüber hinaus wurden an Stellen wie Umkleide- sowie Sanitärbereichen Hinweisschilder angebracht, um Mitarbeiter an das Ausschalten der Beleuchtung bei Verlassen des Raumes zu erinnern.

Nachhaltige Prozesse etablieren

Zusammenführen lassen sich solche Einzelmaßnahmen über ein langfristiges Energie-Kaizen. Hierbei bietet sich die Integration in bereits bestehende KVP-Prozesse an, um eine dauerhafte Implementierung in die betriebliche Praxis zu erreichen. Weitere Potenziale lassen sich durch Anpassungen der Arbeits- und Organisationsstruktur erreichen. So lassen sich Energiekosten etwa durch die Vermeidung von Spannungsspitzen während des Produktionsstarts in der Frühschicht um zehn bis 20 Prozent reduzieren. Notwendig hierzu ist lediglich die Identifikation der wesentlichen Verbraucher sowie die Definition eines Anschaltplans, der ein zeitversetztes Einschalten einzelner Anlagen berücksichtigt.

Weitere Hinweise auf mögliche Einsparungen ergeben sich durch die Betrachtung der Verbräuche zu unterschiedlichen Betriebszeitpunkten. So lässt sich in Projekten immer wieder feststellen, dass der Stromverbrauch in Pausenzeiten unterschiedlich stark sinkt – obwohl die Anlagen gerade nicht genutzt werden. Spannweiten von 30 bis 40 Prozent sind keine Seltenheit. Dies lässt sich zumeist auf fehlende Standards zur Abschaltung nicht benötigter Anlagen zurückführen: Einzelne Mitarbeiter schalten Anlagen ab, während der Großteil der Belegschaft diese auch in Pausenzeiten durchlaufen lässt.

Mögliche Ansätze liegen hier in der Sensibilisierung der Mitarbeiter sowie über automatisierte Abschaltmechanismen. Vielfach unterscheiden sich in der industriellen Praxis auch die Verbräuche einzelner Schichten. So trat in einem mittelständischen Unternehmen der Effekt auf, dass die Spätschicht einen im Vergleich zur Frühschicht nur um 30 Prozent reduzierten Energieverbrauch aufwies – obwohl eine um 70 Prozent reduzierte Belegschaft eingesetzt wurde. Dies ließ sich unter anderem auf einen hohen Anteil an Fixverbräuchen für die Beleuchtung und Heizung des Gebäudes zurückführen. Außerdem liefen sämtliche Anlagen durch, obwohl in der Spätschicht nicht mehr ausreichend Mitarbeiter zur Verfügung standen, um sämtliche Anlagen zu nutzen. Allein über die Definition tagesspezifischer Abschaltpläne konnte der Verbrauch in dem betrachteten Projekt um 15 Prozent reduziert werden – und das ohne das geringste Investment. Letztlich lassen sich vielfältige Ansätze zur Reduktion des Energieverbrauchs finden. Voraussetzung ist ein offenes Auge und die Bereitschaft, eingeschliffene Prozesse zu hinterfragen.