Trendradar für Produkte, Produktion und produktionsnahe Informationstechnik – eine interne Fraunhofer-Bewertung gibt Einblicke.

Mechatronische Bibliotheken unterstützen Modellierung

Als mechatronische Elemente spielen dabei die Komponenten von Produktionsanlagen eine wichtige Rolle; sie enthalten Grundinformationen über Geometrie, Kinematik und Logik einer Anlage. Soll die Anlage als virtuelles Modell abgebildet werden, erfordert dies Daten über die jeweiligen Komponenten, sei es als CAD-Zeichnung, Verdrahtungsplan, SPS-Code oder Datenblatt. Um eine interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Anlagenentwicklung und -inbetriebnahme zu ermöglichen, ist eine ganzheitliche, mechatronische Sicht auf Daten von Produkten, Prozessen und Ressourcen entlang des Lebenszyklus der Fertigungsanlage Voraussetzung. Neue Projekte werden aus Standardkomponenten und Regeln aufgebaut, die in der mechatronischen Bibliothek abgelegt sind.

Maschinennahes Condition Monitoring

Mit der zunehmenden Komplexität moderner Produktionsanlagen wächst auch der Bedarf nach automatischer Erkennung von Anomalien, Verschleiß und Anlagenfehlern. Klassische Methoden hierfür sind vor allem heuristische Ansätze wie Entscheidungsbäume, Fuzzy Logic oder neuronale Netze. Diese Ansätze modellieren Regeln, die von beobachteten Symptomen auf Fehlerursachen schließen. Um eine hohe Anlagenauslastung und kurze Wartungszeiträume zu erreichen, sollen Verschleißerscheinungen möglichst früh erkannt werden. Heutige, auf Schwellwerten basierende Verfahren, können dies oft nicht leisten. Symptom-Ursache-Beziehungen sind aber für eine geschlossene Modellierung zu komplex. Als Ausweg bieten sich modellbasierte Ansätze an, die Beobachtungen des laufenden Systems mit dem Anlagen-Normalverhalten vergleichen. So lassen sich Anomalien ohne aufwändige Modellierung erkennen und analysieren sowie das Systemverhalten durch Simulation vorhersagen.

Beschreibungsstandards für Interoperabilität

Damit der vielfach geforderte durchgängige Datenaustausch funktioniert, werden Standards zur sicheren Kommunikation in der Fabrik benötigt. Das Fraunhofer IOSB setzt dabei auf OPC-UA als akzeptierten und in der Verbreitung befindlichen Kommunikationsstandard in Produktionsunternehmen. OPC-UA kann sowohl auf kleinen eingebetteten Geräten genauso wie auf leistungsstarken Mainframes angewendet werden. Aktuell befindet sich OPC-UA in der internationalen Standardisierung als IEC 62541. Diverse Standardisierungsgremien befassen sich mit durchgängigem Datenaustausch in der Produktion, darunter die VDI-Fachausschüsse ‚Digitaler Fabrikbetrieb‘ und ‚MES-Maschinenschnittstellen‘ sowie ‚Durchgängiges Engineering von Leitsystemen (VDI-GMA FA 6.12)‘.

Mit AutomationML arbeitet ein industriegetriebenes Konsortium daran, für das Engineering von Produktionsanlagen einen umfassenden Standard zu entwickeln, mit dem ein durchgängiger Datenaustausch über den Lebenszyklus unabhängig von Softwarewerkzeugen möglich ist. Trotz des Fortschritts bezüglich semantischer Interoperabilität sind noch diverse Forschungsarbeiten zu leisten, um ein Informationsmodell zur automatischen Benachrichtigung und Aktualisierung aller beteiligten Systeme bei gleichzeitig konsistenter Datenhaltung in der Fabrik der Zukunft zu erreichen.

Schlüsselfaktor ‚Science-to-business‘-Kooperationen

Insgesamt kann die Informationstechnik für die Fabrik der Zukunft nicht mehr allein von einem Institut oder einem Unternehmen allein entwickelt werden, vor allem wenn es sich um offene statt um proprietäre Lösungen handelt. Partner aus Forschung und Industrie müssen gemeinsam Innovationen entwickeln und erproben. Um das bekannte ‚Tal des Todes‘ neuer Technologien zu überwinden, sind Kooperationen zwischen Forschung und Unternehmen in Form von Science-to-business-Einrichtungen zu schaffen und die Ergebnisse in Living Labs verständlich zu präsentieren.