Können Sie ein Beispiel nennen?

Aschauer: Nehmen Sie an, ein CAQ-System für Qualitätsmanagementprozesse wurde als paralleles System geführt, das Daten vom ERP-System erhielt und wieder welche an das System abgab. Beim Versionswechsel vergisst man, weil nicht beschrieben, die Schnittstelle mit zu übernehmen. Jetzt wird das alte System nicht mehr gefüttert und im neuen System kommt ebenso nichts an. Es entstehen Datenverluste, Prozessstillstände et cetera. Oder man übernimmt Artikelstammdaten und verwendet im neuen System bestimmte Parameter, um eine neue Funktionalität zu nutzen. Diese war im Vorsystem gar nicht gegeben. Das bedeutet, man migriert Daten und will dann bestimmte Funktionen nutzen, kann es aber nicht, weil die notwendigen Daten nicht vorhanden sind. Das sind die Dinge, die passieren können, wenn man kein bestimmtes Modell verfolgt.

Man muss also analysieren, welche Funktionsbausteine nötig sind, um seine strategischen Ziele zu erreichen. Das Gleiche gilt für ein Reengineering-Projekt. Hierfür haben wir die Implementierungsmethode etwas abgewandelt, da wir alles, was wir als Individualisierungen in einer Version haben, zunächst nicht bei der Datenmigration berücksichtigen. Erst in der Analysephase schauen wir, was fehlt an Individualanpassungen und wofür wurden sie überhaupt genutzt? Benötigt man sie noch? Gibt es im neuen System eine Standardfunktionalität dafür? Wenn nein, gibt es ein Add-on-Produkt? Falls ja, wird künftig das Add-on-Produkt genutzt, um standardnah zu arbeiten. In so einem Reengineering-Prozess ist es für uns dann viel einfacher, weil man die Datenstrukturen komplett in eine neue Version importieren und sich jede einzelne Individualisierung genau anschauen kann.

Also muss man die Implementierungsmethodik an die Aufgaben anpassen?

Aschauer: Die wichtigsten Bausteine für eine sanfte Migration sind Tools, die es leicht machen, Daten von der einen Lösung in die andere zu portieren. Es gibt Tools und Technologien, mit denen man auf Web Service-Basis auch Geschäftsprozesslogiken übernehmen kann. Damit verlagert man auch technische Aufwände vom Implementierungspartner zum Kunden. Das heißt, der Kunde wird mit diesem Tool in die Lage versetzt, seine komplette Datenorganisation und Datenstruktur selbst in das neue System zu übernehmen. Da ist es dann schon von Bedeutung, ob wir für die Datenübernahme fünfzig Tage oder nur noch fünf Tage für die Beratung brauchen.

Und welche Aufgabe hat Surestep?

Aschauer: Surestep ist eine strukturierte Vorgehensmethodik für eine sanfte ERP-Implementierung, ein Projekt, das meist über einen Zeitraum von vielleicht einem Jahr läuft. Es ist ein Phasenmodell für eine Diagnose, für eine Analyse, für eine Konzeption, für einen Systemaufbau, für eine Implementierung und für eine Betriebsüberführung. Es gliedert sozusagen ein ERP-Projekt in genau diese Phasen. Sie werden runtergebrochen, immer wieder durchlaufen, bis das Projekt zu Ende ist. Man darf nicht sagen, die Analyse macht man nur einmal, sondern analysiert jeden Einzelprozess. Und dann konzeptioniert man jeden Einzelprozess. Im Anschluss wird in iterativen Prozessen gemeinsam mit den Anwendern jeder Einzelprozess betrachtet und gegebenenfalls optimiert.

Hat Cosmo Consult auch eigene Tools oder Methoden entwickelt?

Aschauer: Surestep ist eine Methodik für die ERP-Implementierung, die sich eng an der PMI-Methodik für Projektrealisierung orientiert. Wir nennen sie ‚Cosmo Consult Surestep plus‘, weil wir sie mit Tools, die wir aus der Praxis entwickelt haben, anreichern. Dazu gehören die Qualitätschecklisten für die Entwicklung von Individualanpassungen und Anwenderakzeptanztests. Oder das Technical Design Document, wo wir technische Parametrierungen dokumentieren. So haben wir den Standard um Analyse-Tools erweitert, mit denen sich der Kunde wie in einem Konfigurator auf der Basis von Kosten-Nutzen-Entscheidungen konfigurieren kann, was er umsetzen möchte.

Gibt es bei den Implementierungsmethoden auch neue Entwicklungen?

Aschauer: Wir arbeiten ständig daran, um uns weiter zu verbessern. Wir verfügen über eine sogenannte Kompetenzteamstruktur, die über alle Standorte hinweg unterschiedliche Themen behandelt. Ein Kompetenzteam nennt sich zum Beispiel Projektimplementierung und Projektmanagement. Es arbeitet ständig an der Verfeinerung, Verbesserung und Optimierung der Implementierungsprozesse. Das betrifft etwa die Herangehensweise in Analysen oder die Vereinfachung der Dokumentationserstellung. Wir arbeiten auch an einer vereinfachten Surestep-Variante, deren Arbeitstitel Lean Implementation lautet.