Phase 2: Analyse der Unternehmensprozesse

Als nächster Schritt gilt es, sämtliche zukünftig im ERP-System abzubildenden Unternehmensprozesse detailliert analysiert und visualisiert. Dazu zählen etwa Abläufe vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Vertrieb und Servicegeschäft. Die Visualisierung dient unter anderem der späteren Abbildung im Lastenheft und damit den Softwareanbietern zum besseren Verständnis der Unternehmensprozesse. Oftmals können die Analyse und die Dokumentation des Auftragsdurchlaufs in einem Unternehmen schon erste Anhaltspunkte für die Auswahl oder die Reihenfolge zu berücksichtigender Bereiche bieten. Auf jeden Fall muss im Anschluss an die Analyse und Dokumentation der indirekten Leistungsbereiche wie Personalwirtschaft, Finanzbuchhaltung oder Controlling vorgenommen werden.

Beispiel aus einem Anwendungsfall: Grafische Darstellung der Anforderungserfüllung der Top-3-Anbieter für Geschäftssysteme (Grafik: IPH Hannover).

Phase 3: Aufnahme und Priorisierung der Anforderungen

Aufbauend auf die Prozessanalysen werden in dieser Phase die Anforderungen aller betroffenen Unternehmensbereiche an die neue Software dokumentiert. Diese werden im Rahmen von Workshops mit ausgewählten Key-usern der betroffenen Abteilungen anhand strukturiert erhoben und in vier Kategorien bewertet:

  • Nicht benötigt: Die Anforderung spielt im weiteren Auswahlprozess keine Rolle, unabhängig davon, ob der Anbieter diese erfüllen könnte oder nicht.
  • Optional: Diese Anforderung ist eine Kann-, aber keine Muss-Funktionalität.
  • Gefordert: Die Erfüllung dieser Anforderung seitens des Systems ist für die betriebliche Aufgabenerfüllung notwendig.
  • KO-Kriterium: Dieses Kriterium wird im Rahmen der sich anschließenden Auswertung am strengsten gewertet. Erfüllt das System diese als KO-Kriterium klassifizierte Anforderung nicht oder nur zum Teil, findet es im weiteren Auswahlprozess ausnahmslos keine weitere Berücksichtigung.

Zum Beispiel kann die Fragestellung, welche Informationen je Kunde im Geschäftssystem erfasst werden müssen, verschieden priorisierte Antworten beinhalten. So könnten Lieferanschrift und Rechnungsanschrift ein KO-Kriterium darstellen, während die Speicherung kundenspezifischer Artikelnummer optional, ein zusätzliches Textfeld zum Auftrag für weitere Informationen hingegen nicht benötigt wird.

Phase 4: Anforderungen im Lastenheft festhalten

Die erhobenen und dokumentierten Anforderungen werden anschließend in ein Lastenheft übertragen, um den Anbietern eine Angabe zur Leistungsfähigkeit Ihres Systems zu ermöglichen. Dabei wird die Priorisierung nicht an den Anbieter übermittelt. Das Lastenheft enthält weiterhin allgemeine Angaben zum Unternehmen – etwa zu Branche, Anzahl Mitarbeiter und Anwender, zur vorhandenen Hard- und Softwarelandschaft und zu benötigten Schnittstellen etwa zu CAD-oder Dokumentenmanagementsystemen.

Phase 5: Marktrecherche

Auf Basis von Erfahrungswerten sowie aktueller Marktrecherchen wird anschließend eine handverlesene Auswahlan ERP-Systemanbieterngetroffen, deren angebotene Software die Kundenanforderungen erfüllen kann. Bei dieser Selektion spielen auch Unternehmenskennzahlen des Anbieters eine Rolle, wie beispielsweise Umsatz oderAnzahl der Beschäftigten, um zum Beispiel den Support der Software zu gewährleisten. Weitere wichtige Auswahlkriterien können das Angebot eines regionalen Supports, Branchenreferenzen oder die Dauer der Marktzugehörigkeit des ERP-Anbieters sein. Im Regelfall sollten in dieser Phase nicht mehr als sechs Anbieter ausgewählt werden, um den Aufwand bei der späteren Auswertung zu begrenzen. Diese Anbieter bekommen anschließend das Lastenheft zugestellt, um die einzelnen Anforderungen mit ‚erfüllt‘, ‚teilweise erfüllt‘ oder ’nicht erfüllt‘ zu beantworten. Weiterhin besteht im Lastenheft die Möglichkeit, zusätzliche Erläuterungen, etwa zu teilweise erfüllten Anforderungen, als Freitext zu vermerken.

Phase 6: Abgleich der Systemfunktionalitäten

Die Antworten der Anbieter zum Lastenheft werden anschließend mit den priorisierten Anforderungen des Unternehmens verglichen. Sofern eine Anforderung als ‚KO Kriterium‘ eingestuft wurde und das ERP-System diese Anforderung nicht erfüllt, wird diese Geschäftssoftware aus dem Auswahlprozess ausgeschlossen. Aus der Gegenüberstellung der Leistungsprofile der Systemanbieter sowie des Anforderungsprofils des Unternehmens – etwa Erfüllung der Anforderungen in Lagerbereich oder Vertrieb – kristallisiert sich der engere Kreis der in Frage kommenden Anbieter heraus. Dabei bietet sich die Darstellung in einem Spinnennetzdiagramm an, aus dem die Anforderungserfüllung der Systeme in einzelnen Unternehmensbereichen hervorgeht. Im Regelfall befinden sich in dieser Phase noch drei bis vier Anbieter im Rennen.







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