Bidirektionale Anbindung von Entwicklungsdaten

Wasser ist der wichtigste Rohstoff der Industrie, und Hager + Elsässer liefert Anlagen zur industriellen Wasseraufbereitung an zahlreiche Wirtschaftsunternehmen. Diese komplexen Systeme zu planen, umzusetzen und zu warten ist ein vielschichtiger Prozess. Um ihn jederzeit im Griff zu haben, setzt das Unternehmen als ERP-System eine Branchenlösung ein, die das planerische Vorsystem direkt anbindet.

Bild: Hager + Elsässer

Das Unternehmen Hager+Elsässer hat sich zu einem der Marktführer für industrielle Wasseraufbereitungsanlagen entwickelt. Das anhaltende Wachstum und die veränderten Anforderungen aus den Projekten hatten aber nicht nur positive Seiten: Die ursprünglichen Unternehmensabläufe genügten immer weniger den Ansprüchen, die viele Projekte an den Betrieb stellten. Bei wachsenden Mitarbeiterzahlen musste die Kommunikation effizienter werden. Denn oft kamen die entscheidenden Informationen nicht mehr rechtzeitig dort an, wo sie gebraucht wurden.

Effizientere Kommunikation

Deshalb trieb das Unternehmen die Entwicklung neuer Unternehmensabläufe entschlossen voran. Dafür mussten die Verantwortlichen parallel Philosophie und Struktur ihrer IT festlegen. Weil das Unternehmen als Anlagenbauer stets in Einzelprojekten mit wechselnden Projektteams arbeitet, zeichnete sich für Oliver Franke, Leiter QM + IT bei Hager+Elsässer und einer der Projektleiter bei der ERP-Einführung, schnell ab, dass eine zu komplexe Software-Landschaft den Anforderungen bei nicht gerecht werden konnte. Deshalb setzte die Geschäftsleitung auf ein modernes Softwarekonzept, in dem die einzelnen Komponenten intelligent verzahnt sind und mit offenen Schnittstellen Leistungsfähigkeit mit Flexibilität und einfacher Bedienung verknüpfen. Als Basis diente Kumavision factory, eine Enterprise Resource Planning-Branchenlösung (ERP) auf Basis von Microsoft Dynamics NAV, die speziell für Projektfertiger konzipierte Funktionsmodule bietet.

Lösung für R&I-Fließbilder

Eine große Herausforderung war dabei, die Rohrleitungs- und Instrumentenfließbilder (R&I), mit denen die Anlagenplanung bei Hager+Elsässer beginnt, in das System einzubinden. Sie begleiten den gesamten Prozess vom ersten Design bis zur Übergabe an den Kunden. Ursprünglich wurden die R&I-Fließbilder mit einem umfangreichen CAD-System und einer datenbankgestützten Erweiterung erstellt. Diese Lösung hatte allerdings einen entscheidenden Nachteil: Nur Spezialisten konnten das Programm bedienen. Das führte dazu, dass der Verfahrensingenieur Änderungen in der Anlagenplanung auf Papierausdrucken einzeichnete. In einem zeitaufwändigen Verfahren arbeiteten die Softwarespezialisten dann die Korrekturen in den Plan ein. Der Ingenieur konnte kaum kontrollieren, ob alle Änderungen richtig umgesetzt wurden. Weil die R&I-Fließbilder in der Planungsphase oft verändert werden, waren gerade bei größeren Anlagen und durch immer knappere Abwicklungszeiten Fehler programmiert. Unnötige Kosten und Zeitverzug waren die Folge.

Brücke zum Geschäftssystem

Komplexe Anlagen mit einem Office-Programm zu darzustellen, war für Franke zuerst schwer vorstellbar. Doch mit dem Wechsel zu der auf Microsoft Visio basierenden Lösung Visual Plant Engineer erreichte das Unternehmen gleich mehrere Verbesserungen: Die Software ist leicht erlern- und bedienbar, sodass bereits der Vertrieb in ersten Kundengesprächen mit vereinfachten, aber fundierten R&I-Fließbildern arbeiten kann. Die Ingenieure ergänzen oder ändern diese Fließbilder ohne Daten- oder Medienbruch. Unter anderem hinterlegen sie Anforderungen an Eigenschaften der Komponenten. Besonders effizient arbeitet die Lösung durch ihre bidirektionale Anbindung an das führende ERP-System. Die Komponentendaten oder Änderungen hierzu werden aus dem R&I-Fließbild direkt in die Stücklisten der Geschäftslösung übertragen, die mit der Zeichnung synchronisiert sind. Damit sind Bestell- und Verfügbarkeitsstatus der Teile auch unmittelbar im R&I-Fließbild zu sehen.

Bidirektionale Schnittstelle

In einem nächsten Schritt rückten die planerischen Vorsysteme und die ERP-Software noch näher zusammen. Anfangs tauschten die Systeme Informationen via CSV-Dateien aus. „Schon diese Anbindung ließ enorme Produktivitätsvorteile erwarten“, erklärt Oliver Franke. Als nächsten Schritt setzte das Softwarehaus eine Schnittstelle, die im XML-Format kommunizert, um. Das gestattet den Datenaustausch zwischen ERP-Welt und zahlreichen Anwendungen. Damit lässt sich die Lösung universell einsetzen, zudem kann die Schnittstelle bidirektional Daten in beide Richtungen, sowohl zum Geschäftssystem als auch zur angebundenen Lösung hin, übermitteln.

Variable Systemanbindung

Da die Schnittstelle nicht auf ein spezielles System begrenzt ist, lassen sich durch die Kommunikation über XML auch CAE-, CAD- oder PDM-Systeme anbinden. Das Funktionsprinzip bleibt dabei immer gleich: Der Planer gibt die Zeichnung oder Teile daraus für Disposition und Produktion frei. Mit dieser Freigabe schreibt das System die Daten in eine Puffertabelle in der SQL-Datenbank des ERP-Systems. Sie wird in regelmäßigen Abständen nahezu verlustfrei in eine bidirektionale Schnittstelle eingelesen. Ohne manuelle Zwischenschritte legt das ERP-System anschließend aus den Vorgaben des Vorsystems neue Stücklisten an oder ändert die vorhandenen Stücklisten, abhängig vom Status der Komponenten.

Lernfähige IT-Lösung

Der eigentliche Vorteil dieser Methode zeigt sich erst bei näherem Hinsehen. Denn diese Vorgehensweise erlaubt es, die aus der Planung neu angeforderten Komponenten mit bereits vorhandenen Artikeln in einer Näherungssuche abzugleichen. Benötigt der Planer beispielsweise eine Pumpe mit dem Leistungsmerkmal „Förderkapazität: 5 Liter pro Minute“, sucht das System nach vorhandenen Komponenten mit ähnlichem Merkmal. Ist eine Pumpe mit einer Leistung von 5,5 l/min hinterlegt, wird diese dem Planer als Lösung angeboten. Akzeptiert er diese Variante, wird dem vorhandenen Artikel der Leistungsbereich 5 bis 5,5 l/min zugewiesen und bei künftigen Anforderungen so verwendet. Das gesamte System ist also lernfähig.