Betriebswirtschaftliche Software

Wohin geht die Reise?

Anbieter von Enterprise Resource Planning-Software haben eine ganz eigene Vorstellung von der Zukunft. Die aktuellen Entwicklungen lassen sich unter den drei Begriffen Mobility, Connectivity und Usability einordnen. Doch was wird davon in der Praxis überhaupt benötigt? Das Beispiel Maschinen- und Anlagenbau zeigt Handlungsfelder für die Anwender auf.

Bild: CIM Aachen GmbH

Anwender und Anbieter von Enterprise Resource Planning-Systemen (ERP) haben sich Ende des vergangenen Jahres auf der Tagung ‚Enterprise Mobility‘ des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) getroffen, um über die Zukunft von ERP-Software zu diskutieren. Dabei wurden die Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien und Ansätze, wie ‚Usability‘, ‚Mobility‘ oder ‚Connectivity‘ diskutiert. Moderne Kommunikationsmedien ermöglichen den Unternehmen heute eine nie dagewesene Flexibilität im Austausch von Daten und in der Anwendung von IT-Systemen.

Anforderungen des Maschinen- und Anlagenbaus

Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Funktionalitäten benötigt ein Unternehmen überhaupt? In der Regel werden die Anforderungen an eine IT-Unterstützung in einem Lastenheft dokumentiert und an ausgewählte Anbieter verschickt. Ein allgemeiner Blick in die Zukunft erschien aber im Sommer 2014 mit der Studie ‚Zukunftsperspektive deutscher Maschinenbau‘, welche der VDMA gemeinsam mit McKinsey durchgeführt hat. Hierin werden die zentralen strategischen und operativen Trends des Maschinen- und Anlagenbaus bis zum Jahre 2020 aufgezeigt, und da haben viele Unternehmen noch einiges zu tun. Die Individualisierung von Produkten wird weiter voranschreiten, die Nachfrage wird noch internationaler werden, der Bereich Aftersales und Service wird an Bedeutung gewinnen, es werden neue Marktteilnehmer den Wettbewerb verschärfen und Deutschland wird weiterhin ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor sein. Der Studie nach leiten sich hieraus sechs Handlungsansätze ab, die für ein Unternehmen zukünftig von zunehmender Bedeutung zur Sicherung der Wettbewerbsposition sein werden:

  • globale Präsenz
  • Aftersales und Service
  • Individualisierung
  • Innovation
  • operative Exzellenz
  • stringentes Projektmanagement.

Was das konkret heißt, mag für jedes Unternehmen unterschiedlich sein. Grundsätzlich leiten sich daraus aber eine Vielzahl von Maßnahmen ab, da hier wohl nur wenige Unternehmen ihre Hausaufgaben bereits vollständig erledigt haben. Als größtenteils innovativ kann man die Branche sicher bezeichnen, auch wenn sich hier niemand auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. So haben beispielsweise viele Unternehmen in der Vergangenheit am Thema operative Exzellenz erfolgreich gearbeitet, was nicht zuletzt der jüngsten Lean-Welle geschuldet sein mag. Aber schon allein die Themen ‚globale Präsenz‘ und ‚Individualisierung‘ bedeuten für viele mittelständische Unternehmen eine große Herausforderung. Denn einerseits geht es um ein nicht zu vernachlässigendes Risiko beim Aufbau zusätzlicher Standorte in unbekanntem Terrain oder das Eingehen von Joint Ventures mit unbekannten Partnern. Andererseits bedeutet die Forderung nach individualisierten Produkten für viele Unternehmen einen immensen Aufwand, geht es doch darum die Produktstruktur so zu überarbeiten, dass durch ein möglichst hohes Maß an Standardisierung eine möglichst hohe Anzahl kundenspezifischer Varianten realisiert werden können.

Was heißt das für das ERP-System der Zukunft?

Kurzum: Es sind strategische und operative Themen, mit denen sich der Maschinen- und Anlagenbau auseinandersetzen muss. Und die IT? Die IT muss auch weiterhin die Rolle des Enablers der daraus resultierenden Geschäftsprozesse übernehmen. Dabei kommt es eben nicht nur auf die erforderliche und in den meisten Systemen vorhandene Funktionalität der Software an, sondern auch auf deren Handhabbarkeit (Usability) und Flexibilität (Agility). So leitet sich aus dem Handlungsansatz ‚globale Präsenz‘ und die damit verbundene erforderliche Anpassung der Wertschöpfungskette die Forderung nach einer skalierbaren IT ab. Wenn das Unternehmen wächst und neue Produktionsstandorte erschließt, muss das ERP-System mitwachsen, ohne dabei zu Kernaufgabe des Unternehmens zu werden, denn primäre Aufgabe bleibt nun mal das operative Geschäft und nicht die IT-Implementierung. Mehrsprachigkeit und einfache Bedienbarkeit sind als selbstverständlich anzusehen. Der standortübergreifende Datenaustausch erhält eine immer zentralere Bedeutung und stellt damit entsprechende Anforderungen an die Datensicherheit.

Im Bereich Aftersales und Service wird die dezentrale Verfügbarkeit von Daten weiter an Bedeutung zunehmen. Auch oder gerade im Zusammenhang mit der globalen Präsenz müssen Servicetechniker in der Lage sein, beim Kunden vor Ort zu wissen, welche Komponenten in der Anlage verbaut wurden, um einen schnellen und effizienten Service anbieten zu können. Gleichzeitig müssen sie in der Lage sein, sich via remote diagnostic auf die Systeme der Kunden schalten zu können, um so den Aufwand für den Service zu reduzieren (Stichwort: Connectivity). Weitere Anforderungen an die IT der Zukunft sind der Umgang mit großen Datenmengen (Big Data), die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung im Zuge der Industrie 4.0, Business Analytics und Business Intelligence sowie die Integration von Lieferantendaten. Gerade der letzte Punkt wird eine tragende Rolle spielen, da Unternehmensgrenzen zunehmend verwässern und die Kooperation von Lieferanten und Produzenten immer enger wird. Eine Zuordnung der Handlungsansätze der Studie zu den Technologietrends im ERP-Umfeld zeigt, dass das ERP der Zukunft viele, aber eben nicht alle, Anforderungen abdecken kann, die kurzfristig auf die Branche zukommen.

Anbieter haben ihre Hausaufgaben gemacht

Es zeigt aber auch, dass die meisten ERP-Anbieter ihre Hausaufgaben gemacht haben. Die Themen: Usability, also Handhabbarkeit, Benutzbarkeit und Softwareergonomie, Mobility, der Zugriff von mobilen Endgeräten auf Applikationen und Informationen, und Connectivity, also die Kommunikation der ERP-Lösungen mit unterschiedlichen Systemen, stehen zu Recht oben auf der Agenda der Hersteller. Das befreit ein Anwenderunternehmen aber eben nicht von der erforderlichen strategischen Fokussierung und von der Erledigung operativer Hausaufgaben wie die Entwicklung innovativer Produkte oder der Individualisierung der Produktpalette. Das ERP-System der Zukunft wird auch weiterhin nur ein ‚Enabler‘ sein – daran dürfte sich auch mittelfristig nicht viel ändern.

Unternehmen können sich für die Zukunft verschiedene Handlungsansätze ins Pflichtenheft schreiben. Bild: CIM Aachen GmbH






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